XPENG P7 Performance im Test: Chinas Antwort auf das Autoland?
XPENG dürfte dem ein oder anderen wahrscheinlich gar nichts sagen. Nun, dieser Autohersteller existiert seit dem Jahre 2014 und ist mehr und mehr in aller Munde im Heimatland China. Offiziell wollen sie aber noch als Start-up durchgehen. Es ist allerdings beachtlich, wie man in relativ kurzer Zeit so eine Firma auf die Beine stellen kann. Ihr dürft dreimal raten, wer jetzt offiziell in Deutschland angekommen ist!
Wir haben für euch den XPENG P7 Performance ausführlich im Alltag getestet. Wie er im Alltag so abgeschnitten hat, erfahrt ihr in diesem Testbericht.
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tl;dr: Einfach nur gut
Was soll man groß sagen, nachdem Autos wie der NIO ET5 oder der BYD Seal auf den deutschen Markt kamen. Es war zumindest für uns klar, dass diese Chinesen gekommen sind, um zu bleiben. Neben der hohen Qualität, der guten Software, gab es je nach Modell allerdings manche kleinere Probleme. Wie etwa, dass die Assistenten nicht für den europäischen Markt ausgelegt waren. Oder dass die Übersetzung teils wirklich nicht gut war innerhalb verschiedener Menüs. All dies trifft nicht auf die Modelle von NIO oder XPENG zu. Der P7 bewies sich äußerst gut in puncto Fahrassistenz und bietet, Stand jetzt, den wohl besten autonomen Parkassistenten den wir je getestet haben. Aber nicht nur bei den Assistenten bewies der P7 seine Stärke, auch bei der sonstigen Infotainment-Software war er teils deutlich über der Konkurrenz aus Europa oder sogar Amerika.
Alles scheint perfekt integriert und aufeinander abgestimmt worden zu sein. Nichts wirkt am Auto irgendwie „unfertig“. Das könnte aber auch damit zu tun haben, dass der P7 tatsächlich das älteste Modell aus dem Hause XPENG ist. In Europa wurde er nämlich bereits Ende 2020 eingeführt, in Norwegen um genau zu sein. Man hatte also einige Zeit um die Assistenten von China auf Europa anzupassen, das merkt man schon deutlich. Auch die Interaktion ist sehr einfach und leicht verständlich umgesetzt. Alles ist dort, wo man es auf den ersten oder zweiten Blick vermutet.
Die Qualität im Innenraum ist fast auf Oberklasse Niveau. Einige Stellen könnten etwas weniger Hochglanz oder weniger Plastik beinhalten. Die aus schwarzem Nappa-Leder bestehenden Sitze sind sehr bequem und wirken überaus hochwertig. Auch die Lautsprechergitter vom Dynaudio Surround Sound System mit Dolby Atmos Technologie sind aus echtem Aluminium geformt. Das alles und noch einiges mehr für einen Gesamtpreis von aktuell 58.900 Euro inkl. 19 Prozent MwSt. Uns ist bewusst, dass dies immer noch eine Menge Geld ist, dennoch bietet wohl kein anderes Fahrzeug in dieser Klasse, diese Menge an Ausstattung und Features. Wohlgemerkt ist aktuell im Rahmen eines Angebots das „Premiumpaket“ kostenfrei. Dieses schlägt normalerweise mit 3.960 Euro zu buche. Dennoch bietet der XPENG P7 Performance mit vollem Haus eine Menge fürs Geld. Unter anderem auch Softclose Automatik oder Sitzheizung auf allen 4 Sitzplätzen.
Design: Eintönig? Von wegen!
Inzwischen kennt man die Optik von vielen chinesischen Fahrzeugen. Dünne Scheinwerfer oder getrennte Hauptscheinwerfer mit dünnem Lichtband. Alles ist irgendwie gleich und wirkt wenig originell. Auch die Europäer schließen zu diesem Trend auf. Dennoch wirkt der P7 im Design einzigartig aufgrund seines interessanten Heckdesigns, welches erstmal etwas komisch aussieht, uns aber auf den zweiten Blick sehr gefallen hat.
Serienmäßig rollt der P7 auch in der Performance Version auf 19 Zoll Alufelgen vor. Dies ist der Effizienz sehr wahrscheinlich zu verschulden. Trotzdem wirkt es zusammen mit den schwarzen Brembo-Bremsen sehr stimmig. Die Heckklappe geht zumindest etwas weiter offen als bei anderen Limousinen. Dennoch hätten wir uns hier eine größere Öffnung im Alltag gewünscht. Vorne und hinten haben wir übrigens auch dynamische Blinklichter. Design-mäßig bekommt der XPENG P7 also von uns, volle Punktzahl. Auch wenn im Konfigurator ein schöner Blauton fehlt.
Innenraum: Hightech everywhere
Im Innenraum finden wir uns erstmal vor einem großem 15 Zoll Infotainment Display wieder. Hinter dem Lenkrad befindet sich ebenfalls ein großes 10 Zoll Driver-Display. Die Auflösung ist sehr gut, die Farben ebenfalls. Reaktionsfreudig zeigt sich das Infotainment im Testzeitraum auch, dazu später mehr. Der schwarze Rahmen um die Displays wirkt etwas altbacken, man vergisst ihn aber relativ schnell.
Die Höchtöner des Dynaudio Soundsystems fahren bei aktiviertem Auto, aus dem Armaturenbrett hoch. Dies hat man schonmal bei Mercedes in der Vergangenheit so ähnlich gesehen.
Soundsystem: Dolby Atmos x Dynaudio par excellence
Das Soundsystem besticht mit 22 Lautsprechern und 840 Watt Gesamtleistung. Dies sorgt für einen satten Klang mit guten Höhen, Mitten und Tiefen. Der Bass ist definitiv vorhanden, er ist aber nicht all zu prägnant. Mit der hauseigenen XPENG Konzerthalle, lassen sich verschiedene Dolby Atmos Demos „erleben“. Erst mit diesen zeigt sich die Power die in diesem System steckt.
Leider vermissen wir aktuell noch die Kompatiblität mit Amazon HighRes Dolby Atmos Songs oder auch die komplette TIDAL App, wie sie in etwa NIO im Auto hat. Mit diesen Optionen würde man mit nativen Dolby Atmos Musikstücken noch einen Großteil mehr aus dem System herausholen können.
Infotainment: Schnell, schick & Tesla?
Auf dem ersten Blick ins Einstellungsmenü sieht man ohne Zweifel wo sich XPENG beim Design der Software was abgeschaut hat. Was aber absolut nicht schlimm ist, denn die Software namens XOS wirkt immer noch sehr alleinstehend mit einigen Features, die wir bei Tesla oder der Chinesischen Konkurrenz noch nicht gesehen haben.
Wie etwa der neue Splitscreen Modus, dieser ist vor kurzem mit dem großen 5.0 Update in die XPENG Autos gekommen. Auf Wunsch lassen sich ausgewählte Apps im Splitscreen auf dem großen Display in der Mitte anzeigen. Wenn man dies nicht möchte, wischt man einfach eine Seite zum Rand, so hat man wieder eine App im Mittelpunkt. Achso habe ich bereits erwähnt das XPENG hier auf eine Unreal Engine ähnliche Oberfläche setzt? Das Auto lässt sich wie in einem Videospiel frei im System (im Stand) bewegen. Damit lassen sich auch einige Funktionen aktivieren, wie etwa den Kofferraum oder Ladedeckel öffnen.
„Noch“ kein Android Auto & Apple CarPlay
Das System läuft ruckelfrei, wir hatten keine Bugs in den zwei Wochen mit dem P7. Keine Abstürze oder sonstige Auffälligkeiten. Hier hat XPENG definitv bewiesen, das sie Software können und dazu viel Fokus auf diese legen. Einzig vielleicht Apple Carplay oder Android Auto dürften hier fehlen, diese werden aber in das Modelljahr 2024 vom XPENG G9 oder ab Werk im XPENG G6 vorhanden sein.
Man braucht das aber alles nicht in meinen Augen. XPENG liefert eine schöne, unaufgeregte Software mit vielen Einstellungsmöglichkeiten ab Werk. Apps wie Spotify, Instagram oder gar Tik Tok und Apple TV+ sind bereits im eigenen AppStore zum Download bereit. Auch lassen sich alle möglichen Funktionen als Favoriten unten in der Icon Leiste festlegen, so bleibt es dem ein oder anderen erspart sich durch verschiedene Menüs zu kämpfen.
Es gibt wirklich sehr wenig zum Meckern bei der Software. Einzig das der Sprachassistent aktuell nur auf Englisch reagiert. Dies soll aber gegen Ende 2024 per OTA Update nachgebessert werden. Achso und die freundliche Navigationsstimme kann kein „r“ aussprechen. Da heißt es dann öfter schonmal bitte „echts abbiegen“.
Assistenzsysteme: „Nur“ XPilot 2.5
Während man in China bereits an vollautonomen Fahren nach Level 4 oder gar 5 arbeitet, müssen wir uns in Europa mit XPilot 2.5 (also Level 2.5) zufrieden geben. Dieser lenkt mit Händen am Lenkrad zuverlässig durch Kurven oder hält auch auf der Autobahn stabil in der Mitte. Aktiviert wird er wie bei älteren Tesla Modellen über den Gangwahlhebel.
Automatisches Einparken läuft entweder während man im Auto sitzt komplett autonom. Oder man steigt einfach aus dem Auto aus und lässt es per App einparken. Beides hat überaus gut in unserem Test funktioniert. Hier wirkt so ziemlich alles sehr durchdacht. Per App lässt sich das Auto auch ein paar Meter vor und zurück fahren, ähnlich wie es schon Hyundai in der Vergangenheit per Schlüssel gelöst hat.
Ob wir hier irgendwann mal mehr als Level 2.5 bei Chinesischen Fahrzeugen bekommen, steht erstmal noch in den Sternen. Hier liegt es wahrscheinlich auch daran wie sich die EU mit den Gesetzen so anstellt.
Fakt ist der XPENG P7, ist trotz seinem Alter, immer noch auf dem aktuellen Stand der Dinge im Assistenzsysteme Bereich.
Fahren: komfortabel & sportlich
So in etwa würde ich mal die Fahreigenschaften des XPENG P7 beschreiben. Mit den Brembo Bremsen, bremst er zuverlässig und bissig ab. Beschleunigen tut er in 4.1 Sekunden aus dem Stand auf 100 Stundenkilometer. Was will man eigentlich mehr? Gut neben sportlichen Fahreigenschaften kann man ihn im Standardmodus aber auch sehr entspannt fahren. Das Fahrwerk soll wohl von einem bekannten Deutschen Autohersteller mit abgestimmt worden sein.
So fühlt es sich im Alltag auch an. Bisher hat sich kein Chinesisches Fahrzeug so gut im Alltag auf der Straße angefühlt. Zumindest in dieser Preisklasse kommt wohl nur der NIO ET5 oder ET5 Touring dran. Dieser kostet aber auch etwas mehr.
Aufladen & Reichweite: Alte Technik?
Von wegen. Zwar kann der P7 nicht mehr an neuere XPENG Modelle was die Ladegeschwindigkeit angeht ranklotzen, dennoch übertrifft er in unseren Ladetests die angegeben 175 kW gleich mehrmals. Im Peak haben wir 188 kW gesehen. Im Durchschnitt liegt er bei 130 bis 155 kW bei einem Ladeschub von 10 auf 80 Prozent.
Einen städtischen Verbrauch konnten wir mit erstaunlichen 14 kWh auf 100 km feststellen. Auf der Autobahn genehmigt sich das sportliche Allradmodelle dann bei noch sommerlichen Temperaturen 18-19 kWh auf 100 km.
Alles im Rahmen finden wir. Aber so langsam wird es dann vielleicht Zeit ein Facelift auf den Markt zu bringen oder? Ob es ein Facelift vom aktuellen XPENG P7 geben wird, bleibt erstmal offen. Zunächst stellt die Marke nun Anfang November den XPENG P7+ vor. Ob wir ihn auch in Europa bekommen, wird sich dann zeigen. Zumal es sich hier nicht um einen Nachfolger handelt, sondern um ein ganz anderes Modell. Viel größer, schneller und vermutlich auch technisch viel weiter.
Aber auch zum jetzigen Zeitpunkt bekommt man mit dem P7 AWD Performance ein wirklich erstklassiges Elektroauto. Zu guter Letzt die Ladeplanung, erfolgt direkt im Onboard Navigationssystem, welches wohl auf TomTom Karten und Verkehrsdaten zurück greift. Diese läuft ziemlich schnell und auch gut, mit verständlichen Ladestopps und allem, was man sich von einer modernen Laderoutenplanung so wünscht. Einzig dieser zusätzliche Schritt könnte nervig sein, wenn man die Route einstellt startet die Laderoutenplanung nicht automatisch. Sondern man muss auf ein kleines Blitzsymbol drücken, damit das Auto die Ladestopps berücksichtigt.
Wir sind sehr gespannt auf die Zukunft von XPENG in Europa und auch in Deutschland. Mit den ersten Modellen haben sie definitiv einen sehr guten Start, in unseren Augen, hingelegt. Mal sehen ob sie dieses Niveau auch halten können. Oder ob wir auch bald in fliegenen XPENG Autos durch die Gegend „fliegen“.