Xiaomi Mi 11 Ultra im Test: Xiaomi kann Spitzenklasse, aber
Das Mi 11 Ultra soll eine neue Richtung für Xiaomi einschlagen. Statt Flaggschiffkiller nun neue Maßstäbe setzen. Ob es das Gerät geschafft hat erfahrt ihr in unserem Test.
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Design und Verarbeitung
Das Mi 11 Ultra hat ein interessantes und neues Design. Die Vorderseite ist bereits aus dem Mi 11 bekannt. Die Frontkamera sitzt in einem „Punchhole“ an der linken Seite des Displays, die Seiten sind leicht abgerundet. Die Lautstärkewippe sitzt auf der rechten Seite des Gerätes, darunter der An/Aus Knopf. Interessant wird es aber auf der Rückseite des Gerätes. Der Kamera „Buckel“ ist eher ein Kamera „Aufsatz“. Die Hauptkamera und Ultraweitwinkelkamera sind Horizontal angeordnet, darunter sitzt eine 120x Zoom Kamera. Neben den Kameras sitzt im selben „Buckel“ ein kleines zweites Display, welches das identische 1,1“ Display aus dem Mi Band 5.
Die Verarbeitung des Gerätes ist in allen Belangen hochwertig. Die Rückseite ist aus Keramik, die Vorderseite aus neuestem Gorilla Glass Victus. Der Rahmen ist aus Aluminium und fühlt sich ebenfalls sehr hochwertig an. Der Kamera „Aufsatz“ bietet vor und Nachteile. Das Gerät wackelt beim tippen auf dem Tisch nicht. Andererseits rutscht es, wenn es mit dem Display auf dem Tisch liegt und ist im Alltag sehr klobig. Im Sommer mit einer kurzen Hose wird es sehr knapp das Gerät gut zu verstauen und schwer ist es mit 234g ebenfalls. Die Meinungen zu diesem Design waren in meinem Umfeld sehr ausgewogen. Während einige den Kamera-Bum schlicht „hässlich“ fanden, waren andere beeindruckt von der Größe und empfanden es als „echte Kamera in einem Smartphone“.
Trotz allem bin ich vom Design und der Verarbeitung sehr angetan, Xiaomi hat hier wirklich sehr gute Arbeit geleistet.
Display
Reden wir über das Display, oder eher gesagt die Displays. Denn das Xiaomi Mi 11 Ultra hat gleich zwei davon, obwohl nur das eine wirklich sinnvoll ist. Das 6,81“ Display auf der Front ist riesig und das beste was ich jemals in einem Smartphone gesehen habe. Mit einer Auflösung von maximal WQHD+ (1440 x 3200) und einer Bildwiederholrate von 120 Hertz ist es wirklich ein sehr gutes OLED-Panel, auch in der Farbtreue im DCI-P3 und sRGB + Grauwerte Farbraum erzielt das Gerät Spitzenwerte.
Wer gerne Filme oder Serien auf seinem Smartphone guckt wird mit dem Display sehr zufrieden sein. Einzig und allein nerven die abgerundeten Ecken im Alltag, die sind aber auch teils Markenzeichen von Xiaomi-Flaggschiffen geworden.
Das zweite Display
Das zweite Display wiederrum hat mich enttäuscht. Was hatte ich mir nicht alles vorgestellt, Akkuanzeige beim Laden mit netter Animation, kurzer Überblick über Benachrichtigungen oder Fittnesswerte? Geblieben ist: Die Uhrzeit und Datum. Xiaomi hat das Potenzial nicht ansatzweise ausgeschöpft. Hier wäre viel mehr drinnen gewesen. Es gibt aktuell drei Modi: Datum/Uhrzeit, eine Animation oder einen Spruch (der Individualisiert werden kann). Außerdem werden Benachrichtigungen bei Eingang angezeigt. Interagieren kann man mit denen leider nicht. Es gibt Gerüchte über ein kommendes Update, doch „Bewerte ein Produkt niemals nach was es sein soll, sondern was es aktuell ist“.
Eine nette Funktion des zweiten Displays ist der Einsatz als Sucher für die Frontkamera. So können auch mit den guten Sensoren auf der Rückseite Selfie aufnahmen getätigt werden. Das ist zwar ein wenig Umständlich, doch die Ergebnisse sind überraschend gut. Am meisten genutzt, doch auch am meisten gehasst habe ich aber den Musikspieler. Wer gerne und viel Musik nebenbei hört, der wird die Idee einer drehenden Schallplatte auf einem kleinen Display lieben. Kurz die Musik anhalten oder nach vorne-zurück springen ist eine super Sache und hat im Alltag auch gut geklappt, wenn da nicht die Fehleingaben wären. Das zweite Display aktiviert sich auch ab und zu in der Hosentasche, dies führt zu ungewollten Sprüngen in der Playlist. Gelöst bekommen habe ich das Problem, indem ich das Gerät mit Display „nach oben“ in der Hosentasche gedreht habe, nervig war dies trotzdem.
Hardware
In der Hardware setzt Xiaomi nur auf das neueste und beste, mit einer kleinen Ausnahme. Als Prozessor kommt Qualcomms bester SoC, der Snapdragon 888 zum Einsatz, mit 12 Gigabyte RAM und 256 Gigabyte internem Speicher. Das Gerät ist das erste Xiaomi-Smartphone mit einer offiziellen IP-Zertifizierung, das Smartphone ist IP68 Wasserfest. Der Speicher ist mit UFS 3.1 sehr schnell, Apps installieren erfreulich schnell. Das Modem ermöglicht WLAN 6e (ax), Bluetooth 5.2 und 5G, die aktuellen und zukunftssicheren Mobilfunkstandards.
Die Lautsprecher sitzen oben und unten im Rahmen des Geräts und überzeugen auf ganzer Linie. Starker und lauter Sound, vor allen in den Mitten sehr kräftig. Xiaomi hat schon immer Maßstäbe im Lautsprecher-Bereich bei Smartphones gesetzt, nun ein weiteres Mal.
Ein echter Kritikpunkt ist ein kleines Detail. Xiaomi setzt zwar beim Laden auf 67 Watt sowohl kabelgebunden als auch Kabellos, doch bei der Datenübertragung lediglich auf USB 2.0. Vermarktet wird das Gerät als „Smartphone womit auch Kinofilme gedreht werden können“, doch wenn die ganzen Gigabyte nur langsam auf den Computer übertragen werden können, dann fehlt ein Bauteil beim „Filme drehen“. Der Akku ist mit 5000 mAh auf dem Papier groß, doch ein 6,81“ Display und der Snapdragon 888 ziehen viel Leistung. Aber dazu später mehr im Text.
Xiaomi Mi 11 Ultra: Kameras
Das Xiaomi Mi 11 Ultra hat vier Kameras verbaut, eine 20 Megapixel Frontkamera und drei Kameras auf der Rückseite. Die Hauptkamera löst mit 50 Megapixeln auf und ist eine Weitwinkelkamera. Diese arbeitet Hand in Hand mit zwei 48 Megapixel-Sensoren für Ultraweitwinkelaufnahmen und Zoomaufnahmen. Dabei ist ein 5x optischer Zoom möglich, für viele im Alltag wohl der am häufigsten genutzte.
Ich hatte mir vom Mi 11 Ultra viel von den Kameras erhofft. Wurde ich enttäuscht? Nein! Wurde ich positiv überrascht? Auch nein. Ich denke die Kamera ist gut, eine der besten in einem Smartphone bisher. Ist es aber die beste jemals? Nein.
Die Bilder sind wirklich gut, die Farben (gerade bei Tageslicht) sind sehr klar und Porträtaufnahmen werden gut erfasst. Beim Bokeh macht sich der große Sensor bezahlt. Das ist aber auch beim Pixel 5 der Fall, das hat aber zwei deutlich unauffälligere Kameras. Wo das Mi 11 Ultra wirklich glänzt sind Zoom-Aufnahmen. 5-Fach, 10-Fach und sogar bis zu 120-Facher zoom ist möglich. Letzterer bringt meist keine brauchbaren Bilder, doch um kleine Details oder Text zu lesen ist dieser wirklich beeindruckend. Das sind Funktionen, welche ich für einen UVP von 1199 Euro erwarte. Nachtaufnahmen sind gut, doch Huawei oder Samsung sind noch überlegen.
Fotos
Beispielbilder des Mi 11 Ultra
Richtig glänzen und überraschen tut Xiaomi durch einmalige Funktionen in der Kamera und Galerie-App. Der Ansatz von Xiaomi ist clever: Aufwendige Effekte so einfach und Nutzerfreundlich wie möglich machen. Egal ob Menschen „Klonen“ oder Supermod: die Xiaomi Kamera-App bietet viele Funktionen. Nutzen tut man diese im Alltag eher selten, doch wenn sie gebraucht werden, machen sie Spaß.
Eine weitere Stärke (welche für mich sehr unterbewertet war) ist die Xiaomi-Galerie App. Dort können Fotos im „Photoshop-Style“ nachbearbeitet werden. Mit einem Klick verschwinden Personen aus Bildern oder der Himmel wird nachträglich ausgetauscht. Das Funktioniert überraschend einfach und ist aktuell außer Konkurrenz.
Videos können in 4K mit 60 Bildern pro Sekunde oder 8K und 24 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden. Diese sehen wirklich schön und gut stabilisiert aus. Wer also gerne und viel im Alltag filmt, der wird das Mi 11 Ultra sehr mögen. Doch nach 4-5 Minuten in 4K filmen wird das Gerät schnell heiß.
Xiaomi Mi 11 Ultra: Akku
Der Akku ist 5000 mAh groß, doch bereits die 4500 mAh beim Mi 11 waren schnell geleert. Das ist beim Mi 11 Ultra leider nicht anders. Die Akkulaufzeit pegelt sich bei 3 bis 4 Stunden „Bildschirmzeit“ ein. Maximal wurden über 6 Stunden erreicht. Es ist auch praktisch egal, ob die Auflösung bei WQHD+ oder FullHD+ liegt, mehr als einen Tag kommt man nicht mit dem Gerät aus. Da ist es von Vorteil, dass Xiaomi jedem Nutzer ein 67 Watt Schnelladegerät beilegt, meinem Pressemuster lag aber keins bei. Deswegen habe ich auf mein 33 Watt Schnellader zurückgegriffen. Kollegen sprechen aber von einer Ladezeit unter 40 Minuten von 0 auf 100. Das Gerät kann auch mit der vollen Ladeleistung von 67 Watt drahtlos Laden, das Ladegerät gibt es bei Xiaomi selbst für 100 Euro zu kaufen.
Alles in allem ist der Akku zwar kein „Monster“, doch kann wieder schnell geladen werden. Hier hätte ich mir aber bessere Softwareoptimierung gewünscht. Der Prozessor frisst sehr viel Akku und hätte in vielen Alltags-Apps stärker gedrosselt werden können.
Software
Als Software läuft Xiaomis MIUI 12 auf dem Gerät, ein Update auf MIUI 12.5 steht direkt zum Download. Dies basiert auf Android 11, ein Update auf Android 12 folgt ende des Sommers/Jahres. Nur leider gibt Xiaomi kein Updateversprechen. Das ist bei einem Preis von 1199 Euro ein großer Kritikpunkt. In der Regel gibt es zwei große Updates, doch Hersteller wie Samsung, OnePlus, Oppo und Google geben auf drei große OS-Updates eine Garantie. Hier muss Xiaomi definitiv noch nachziehen, gerade bei einem solchen Preis.
Die Software an sich wurde (aus meiner Sicht) über die Jahre um einiges besser. Die Apps und Einstellungen wirken aufgeräumt, die Software wirkt durch viele Animationen flüssig und es gibt viele Einstellungsmöglichkeiten. Gerade die „Super-Wallpaper“ sind ein richtiger Hingucker und gut integriert. Über die Kamera-App habe ich ja bereits in der Kamera-Sektion gesprochen, der Rest an hauseigenen Apps wirkt ebenfalls gut.
Ein Problem habe ich mit Werbe-Apps. Bei günstigen Redmi Geräten kann ich verstehen, dass durch Werbe-Apps der Preis um ein paar Euro reduziert werden kann, doch bei einem Flaggschiff geht das gar nicht. Klar, die Apps können mit ein paar Klick gelöscht werden, doch sie sollten eigentlich gar nicht da sein.
Xiaomi Mi 11 Ultra: Fazit
Das Xiaomi Mi 11 Ultra ist eines der besten Smartphones da draußen, ohne Frage das beste Xiaomi-Gerät aller Zeiten. Ein super Display, sehr gute Ausstattung und eine sehr gute Kamera, welche definitiv mit Samsung und co mithalten kann. Man merkt aber, dass es das erste richtige „Ultra-Flaggschiff“ aus dem Hause Xiaomi ist. Die Software und Hardware spielt noch nicht so perfekt zusammen wie bei Samsung oder Apple und an einigen Stellen hapert es noch. Xiaomi möchte aber durch Auffälligkeiten wie dem zweiten Display oder einmaligen Kamerafunktionen neue Maßstäbe setzen. Das klappt bei den Kamerafunktionen definitiv, das zweite Display ist bis dato eher noch ein Gimmick. Kann ich das Gerät für einen Preis von 1199 Euro empfehlen?
Schwierig, ihr solltet es definitiv im Laden in der Hand gehabt haben. Denn wenn euch die Haptik und der große Kamera-Hügel stört, dann habt ihr es im Alltag schwer mit dem Gerät. Eine weitaus bessere Lösung von Xiaomi wäre das normale Mi 11. Wenn dies für euch kein Problem ist, ihr ein Fan von zweiten Displays seit, dann bekommt ihr mit dem Xiaomi Mi 11 Ultra ein Flaggschiff-Telefon mit sehr gutem Display und guter Kamera. Doch ich hatte gehofft, dass der Preis schnell unter die 1000 Euro Marke fällt, dem ist leider nicht so. Denn das Mi 11 Ultra ist nicht das einzige Flaggschiff auf dem Markt und hat mit dem OnePlus 9 Pro, Galaxy S21 Ultra und Oppo Find X3 Pro drei sehr starke Android-Telefone als Konkurrenten, welche alle drei bereits unter dieser 1000 Euro Marke liegen. Vor dem Kauf solltet ihr euch diese drei Telefone definitiv angeguckt haben.