Vivo X90 Pro im Test: Ein Schritt nach vorn, ein Schritt zurück
Mit dem Vivo X90 Pro hat die BBK Tochter ihr neuestes Flaggschiff-Smartphone für den europäischen Markt veröffentlicht. Wir haben das Gerät ausführlich im Alltag getestet.
tl;dr: Das Vivo X90 Pro ist in vielen Bereichen ein Schritt nach vorn, manche Entscheidungen irritieren aber. Mir gefällt das Design, die Verarbeitung und der Akku sehr. Die Software hat meine Nutzung nicht grundlegend verändert, mich aber auch nicht stark gestört. Die Hauptkamera macht super Fotos, kann aber bei hellen Hintergründen nicht mit Google oder Samsung mithalten.
Den zwei weiteren Linsen hätte noch gut Verbesserungsbedarf gutgetan, mir fehlt der Fingerabdrucksensor aus dem Vivo X80 Pro schon sehr. Für Vivo ist das 1199 Euro wert, ich kann das Gerät nur teilweise empfehlen. Mir ist die Konkurrenz in dem Bereich einfach zu stark. Das Galaxy S23 Ultra von Samsung – bisher mein Topsmartphone des Jahres ist mit derselben Speichergröße bereits für 1000 Euro erhältlich. Dafür bietet es ein deutlich besseres Gesamtpaket. Auch das Pixel 7 Pro, bereits für ungefähr 750 Euro erhältlich, hat ein deutlich runderes Gesamtpaket für den Preis. Sehr schade, denn das X80 Pro war im letzten Jahr mein Geheimtipp.
Zum Abschnitt springen
Lieferumfang des Vivo X90 Pro
Im Lieferumfang des Vivo X90 Pro liegt das Gerät selbst, einer günstigen Hülle sowie das Schnellladegerät und USB-C Kabel mit dabei.
Design und Verarbeitung
Das Vivo X90 Pro ähnelt seinem Vorgänger nur von der Vorderseite, denn die Rückseite wurde komplett neu gestaltet. Wir haben auf der Vorderseite ein großes Display mit abgerundeten Seiten, sowie eine Frontkamera in der Mitte des Displays. Die Rückseite ist dieses Mal aus weichem Kunstleder gefertigt, was sich im Alltag als sehr weich herausstellt. Das Kameramodul ragt sehr stark aus dem Rahmen heraus, somit liegt das Gerät nicht „eben“ auf dem Tisch. Unter den Kameras ist ein silberner Streifen, auf welchem der Satz „Xtreme Imagination“ eingraviert ist. Dort findet sich auch ein Logo des deutschen Kameralinsenherstellers „Zeiss“, was wieder auf eine Kooperation hinweist.
Der Rahmen ist aus hartem Metall gefertigt, wodurch das Gerät auch 215 Gramm auf die Waage bringt. Das Gerät fühlt sich aber sehr hochwertig an und wirkt gut verarbeitet. Knöpfe klicken gut, ein guter Vibrationsmotor sorgt für ein gutes haptisches Feedback beim Tippen von Nachrichten. Als Farbe gibt es in Deutschland nur Schwarz, in Österreich noch eine rote Version. Das Gerät ist nach IP68 gegen Staub und Wasser geschützt.
Display
Das Vivo X90 Pro hat ein großes 6,8-Zoll-Display mit AMOLED Unterstützung und einer variablen Bildwiederholrate von einem bis 120 Hertz. Dies auch mit neuester LTPO-Technologie, was sich positiv auf die Akkulaufzeit auswirkt. Eine Auflösung ist mit 1.260 × 2.800 Pixeln angegeben, ein Rückschritt vom WQHD+ Display aus dem Vorgänger. In der Software kann man zudem einen „Zeiss-Modus“ aktivieren, mit welchem die Farben besonders natürlich dargestellt werden sollen. Er wirkt im Alltag definitiv deutlich nicht so „Ausgefallen“ wie bei Samsung oder Xiaomi, vielen gefällt dieser Stil aber lieber. Geschützt wird das Display laut Hersteller durch ein Displayschutz von „Schott“, einem Schwesterunternehmen von Zeiss.
Qualitativ gefällt mir das Display des Vivo X90 Pro deutlich besser, als beim Vorgänger. Das Display wird hell, reguliert sich gut selber und Videos anschauen macht richtig Laune. Die Helligkeit kann aber nicht mit Herstellern wie Samsung oder Xiaomi mithalten. Einen Schritt zurück geht der Hersteller mit meinem Highlight des Vivo X80 Pro, dem Fingerabdrucksensor. Dieser hatte beim Vorgänger eine riesige Fläche, entsperrte innerhalb einer Sekunde und hatte viele Einstellungsmöglichkeiten. Dieser ist beim X90 Pro nicht mehr verbaut, hier setzt man auf einen ebenfalls schnellen optischen Fingerabdrucksensor mit kleiner Fläche. Den besseren Sensor gibt es nur im X90 Pro+, welches den chinesischen Markt nicht verlassen wird.
Hardware
Das Vivo X90 Pro startet nicht mit dem neuesten Snapdragon-Prozessor, so wie fast alle aktuellen Flaggschiffs aus 2023. Das Unternehmen setzt dafür auf den neuesten Flaggschiff-SoC aus dem Hause MediaTek, den Dimensity 9200. Dieser liefert ebenfalls exzellente Leistungen, im Alltag merkt man sowieso in Sachen Leistung keine Unterschiede. Dem Prozessor stehen 12 Gigabyte an LPDDR5 RAM sowie 256 Gigabyte an internem UFS 4.0 Speicher zur Verfügung. Eine andere Version wird nicht erhältlich sein. Eine Wi-Fi 6E Unterstützung gibt es leider nicht, dafür ist mit Bluetooth 5.3 und 5G alles andere in Sachen Konnektivität auf neuestem Stand.
Kamera/s
Die Tripple-Kamera auf der Rückseite habe ich ja bereits im Design erwähnt, Vivo’s Marketing richtet sich auch sehr auf dieses System aus, deswegen habe ich es mir umso genauer im Alltag angeschaut. Als Hauptsensor verbaut Vivo den IMX 989 von Sony, welcher mit einem Zoll gigantisch groß für ein Smartphone ist. Gerade in puncto Lichteinfang, auch für Nachtfotos, klingt das spannend. Mit 50,3 Megapixeln ist es zwar auf dem Papier nicht so eine starke Kamera wie Samsungs 200-Megapixel-Sensor im Galaxy S23 Ultra, interessant werden die Aufnahmen aber eh erst nach der Softwareverarbeitung. Die weiteren beiden Linsen sind eine 50-Megapixel-Kamera für Telefotos (2-Fach optisch), sowie eine 50 Megapixel Ultraweitwinkelkamera.
Die Hauptkamera macht tolle Fotos, gerade viele Details werden eingefangen und ein Bildrauschen ist nur bei kompletter Dunkelheit zu erkennen. Farben wirken eher authentisch, nicht zu stark, Licht spiegelt sich gut im Wasser wider. Manche könnten die Fotos aber auch als „Langweilig“ empfinden, denn die Fotos wirken nicht so „kräftig“ wie aus einem Galaxy S23 Ultra. Negativ aufgefallen sind mir Fotos mit starkem Gegenlicht, wie zum Beispiel bei einem großen Fenster. Dort werden Fotos viel zu hell und sind eher nicht zu gebrauchen.
Die Telefotokamera macht gute Aufnahmen, hier merkt man aber eine deutlich stärkere Performance bei der Konkurrenz. Gerade Samsung, Google und Honor sind da Vivo deutlich voraus. Ich hätte mir auch eher eine Telefotokamera mit 5-Fachem oder 10-Fachen optischen Zoom gewünscht, denn 2-Fachen Zoom kriege ich mit einem Zuschnitt des Fotos aus dem Hauptsensor auch gut hin. Vivo selbst hatte bei dem X80 Pro noch einen sehr guten 5-fachen Zoom verbaut, leider nicht mehr beim Nachfolger.
Die Ultraweitwinkelkamera macht ebenfalls gute, aber keine herausragenden Aufnahmen. Die Kamera eignet sich ebenfalls für Makrofotos, durch einen Autofokus bekommt man Objeke auch gut vor die Linse. Fotos sind durch die ebenfalls hohe Auflösung mit 50 Megapixeln scharf und haben wenig Bildrauschen am Rand.
Akku des Vivo X90 Pro
Der Akku des Vivo X90 Pro ist überdurchschnittlich gut für ein Flaggschiff, die 4870 mAh Zelle musste ich nur am späten Abend wieder laden. Dies liegt aber auch an der Software, welche aggressiv Apps im Hintergrund stoppt. Dies führt zu teilweise späten oder gar nicht geschickten Benachrichtigungen, Vivo bietet aber an, Ausnahmen zu definieren. Der Akku kann dafür mit 120 Watt schnellem Laden in unter 20 Minuten wieder vollständig geladen werden, was für mich die Nutzung komplett verändert hat. Anstatt über Nacht zu laden, konnte ich das Gerät auch morgens kurz laden, was die Nutzung deutlich entspannter macht. Außerdem hatte ich nie das Problem, vor einer langen Nacht noch Zeit zum Laden einzuplanen. Drahtloses Laden ist mit 50 Watt ebenfalls möglich.
Software des Vivo X90 Pro
Vivo setzt auf eine zweiteilige Softwarestrategie in China und dem internationalen Markt. Während die chinesischen Geräte auf „Origin OS“ setzt, kommt bei uns „FuntuchOS“ zum Einsatz. Dieses läuft auf Android 13, Vivo verspricht drei große OS-Upgrades, sowie drei Jahre an Sicherheitspatches. Sehr schade, denn Samsung liefert gleich vier Jahre große OS-Updates, sowie mit Xiaomi fünf Jahre an Sicherheitspatches. Die Software selbst ist sehr schlank, es gibt aber einiges an Einstellungsmöglichkeiten. Die Software läuft auch sehr stabil, einen Absturz oder große Bugs konnte ich während meiner Testzeit nicht finden. Leider ist einiges an Bloatware vorinstalliert, welche zuerst deinstalliert werden muss.