Toyota bZ4X im Test: Endlich vollelektrisch, aber auch gut?
Toyota bZ4X, so heißt der erste rein elektrische Toyota. Das Elektro-SUV macht einiges richtig, an anderen Stellen hat man aber wohl nicht so weit gedacht. Wir haben ihn im Alltag für Euch getestet. Wie ist der erste BEV vom Hybrid Pionier aus Japan? Das erfahrt ihr hier!
Der bZ4X hat einen sehr speziellen Namen, kurz zur Erklärung, das bZ steht für Toyotas BEV Sparte, also „Beyond Zero“. 4X steht dagegen für die Größenklasse. Also für einen SUV, den es auch mit Allrad gibt. Wir aber haben die Frontantriebsversion für Euch getestet. Nicht zu vergessen: Es gab bereits 1997 den RAV4 EV, der aber auf einer Verbrennerplattform basierte.
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tl;dr: Für den ersten Versuch solide
Nach über 20 Jahren versucht sich Toyota mal an einer reinen Elektroplattform. Der bZ4X ist das erste Ergebnis, was dabei herauskam. Als reines Auto beziehungsweise Fortbewegungsmittel betrachtet, ist er wirklich gut bis sehr gut. Er liegt ordentlich auf der Straße und fährt gut ohne Schwankungen durch Kurven. Da merkt man die doch sehr lange Erfahrung, die Toyota in ihrem Gebiet, den „Hybridfahrzeugen“, hat. Auch die technischen Daten können überzeugen. Angetrieben wird der bZ4X nämlich mit einem 204 PS (150 kW) starken Frontmotor. Dies reicht wirklich in allen Fällen im Alltag aus und langt auch, um mal zu überholen. Abgeriegelt wird bei 165 km/h laut Tacho.
Das Innen- sowie Außendesign ist sehr eigenwillig designt worden. Man sieht die moderne Designsprache, wie sie auch in anderen Toyotas zu finden ist, zum Beispiel beim neuen Prius. Dennoch wirkt er vertraut und von außen wirklich nicht schlecht. Innen spiegelt sich etwas völlig anderes wider, ein ausreichend großer Infotainment-Screen steckt in der Mitte über der sehr breiten Mittelkonsole.
Hierüber hat man Zugriff auf eine sehr gute Navigation (leider ohne Ladeplanung) und ein sonst sehr flüssiges User Interface. Das neue OS teilt sich Toyota wohl mit Subaru und Suzuki. Dort haben wir ähnliche Displays mit der gleichen Software gefunden.
Ausgestattet ist der bZ4X außerdem mit zahlreichen Assistenzsystemen wie ACC und einem Lenkassistenten sowie Totwinkelwarnung und vielen mehr. Preislich startet der bZ4X bei 47.490,00 Euro (inkl. 19 % MwSt.)
Innenraum: Viel Plastik und Klavierlack
Der Innenraum vom bZ4X wirkt nicht wirklich hochwertig. Am ehesten zu vergleichen wäre er mit dem Volkswagen ID.3 Vorfacelift. Übermäßig viel Klavierlack in den Türen und in der Mittelkonsole, wo man sehr oft hinfasst. Dafür gibt es kein Knarzen. Eine wollartige Struktur erstreckt sich über das gesamte Dashboard. Das Cockpit beim Fahrer sieht nicht nur auf den ersten Blick sehr besonders aus. Man muss sich schon etwas an dieses „Pilotencockpit“ gewöhnen.
Da das Driverdisplay so sitzt, dass man eigentlich keins benötigt, gibt es auch kein Head-up-Display für den Fahrer. Das kleine Lenkrad lässt sich sehr gut fassen und es macht wirklich Spaß den bZ4X damit zu steuern. Etwas beengt fühlt man sich beim Fahren, da die massiv breite Mittelkonsole viele Knöpfe und den großen Gangwahlschalter beherbergt. Ein klassisches Handschuhfach fällt weg, dafür hat man wie bei vielen Elektroautos, mit hoher Mittelkonsole, eine große Ablagefläche unten drunter.
Die USB-Anschlüsse in der Mittelkonsole sind vom Typ-C. Der Anschluss für kabelgebundenes Android Auto ist weiterhin der alte USB Typ A Stecker. In den zwei Wochen ist mir mehrmals die Verbindung mit Android Auto auf dem Infotainment abgebrochen. Der USB-Anschluss wirkte dabei nicht wirklich hochwertig und eher locker.
Infotainment: Modern & schnell
So kann man das neue System von Toyota, Subaru und auch Suzuki zusammenfassen. Da es sich hier wohl um dasselbe System handelt, kann man sich relativ kurzfassen. Android Auto geht nur per Kabel, Apple CarPlay geht kabellos. Wie oben schon angesprochen brach trotz Kabelverbindung Android Auto ohne Vorwarnung des Öfteren in unserem Testzeitraum ab und ließ sich auch nur per erneuten Anstecken wieder starten.
Sonst läuft das System flüssig und reagiert schnell auf Eingaben. Per Gesichtserkennung kann man verschiedene Benutzerprofile laden. Die Navigation läuft flott und berechnet sehr schnell auch größere Routen. Der Verkehr wird erkannt und man bekommt Warnmeldungen vor Baustellen, Tieren auf der Fahrbahn und ähnlichem.
Leider keine Laderoutenplanung
Wenn man nach einer Laderoutenplanung sucht, findet man leider nichts. Man kann zwar nach Ladestationen suchen, aber viel mehr als das Reichweiten Spiegelei, wird man nicht finden beim bZ4X. Das ist sehr schade, so muss man auf Alternativen wie „A better Route Planner“ über Android Auto oder Apple CarPlay ausweichen.
Fahrverhalten: Liegt satt auf der Straße
Der bZ4X von Toyota fährt sich, wie man es von der Größenklasse erwartet. Allzu sportlich sollte man ihn nicht durch die Kurven lenken, denn er bricht leicht über die Vorderräder aus, wenn man Strom gibt. Das ESP greift hier aber relativ schnell ein, um dies zu verhindern. Dennoch stellte er sich dank einfacher Lenkung im Alltag, auch bei nasser Straße gut an. Das Allradmodell namens „X-Mode“ soll dann auch spezielle Traktionsmodi haben, um noch besser durchs Wetter zu kommen.
Da zeigt Toyota wirklich, was sie können. Denn im Groben und Ganzen fährt er sich grundsolide. Nicht aufregend, aber mit genug Kraft, um alle anderen an der Ampel stehenzulassen und um überholen zu können. Das muss man ja eigentlich auch nicht mehr erwähnen. Auch mit 150 PS hätte der bZ4X dies locker bewerkstelligt. Interessant zu wissen, beim Allradmodell gibt es zwar zwei Elektromotoren, aber die PS / kW Zahl steigt nicht signifikant an. Es werden lediglich 217 PS kombiniert auf die Straße gebracht.
Durch das kleine Lenkrad lenkt er sich wirklich erstklassig, vor allem innerstädtisch ist dies sehr praktisch. Die Ausleuchtung der LED-Scheinwerfer ist ebenfalls gut bis sehr gut. Optional lassen sich noch Matrix-LED-Scheinwerfer ausstatten.
Assistenzsysteme: Durchaus solide
Neben den bereits genannten Assistenzsystemen, wie einen Adaptiven Tempomaten (ACC) mit Abstandshaltung sowie einen Kollisionswarner, gibt es gibt sogar eine Fahrzeug- sowie Radfahrer Erkennung, die im geparkten Zustand die Türen verriegelt, wenn sich zum Beispiel ein Radfahrer neben der Tür befindet. Damit werden Aufprallunfälle natürlich vermieden.
Der Lenkassistent bremst für stärkere Kurven automatisch und lenkt gut mit. Solides Level 2 würden wir mal sagen.
Gibt Toyota sich überhaupt Mühe?
In gewisser Weise könnte man meinen, dass Toyota (wie einige andere Japaner) die Elektromodelle nur halbherzig zusammenbaut, da sie lieber ihre selbst aufladenden Hybride verkaufen wollen. Wäre der bZ4X nur etwas günstiger, dann könnte man über ein paar der billigen Innenraumdetails hinweg sehen. Für den hier aufgerufenen Preis gibt es aber E-Autos, die einen deutlich besseren Innenraum bieten in puncto Qualität.
Auch von den sonstigen technischen Daten bieten andere Modelle etwas mehr. Die Leistung reicht völlig aus. Der Akku ist aber für die Größe an Fahrzeug doch etwas zu klein. Vor allem, wenn wir uns mal den Verbrauch ansehen.
Verbrauch im Alltag: Effizienz Meister?
Wir waren sehr positiv überrascht, als wir den Verbrauch des bZ4X auf unserer Überlandstrecke erstmalig gesehen haben: 16 – 17 kWh/100 km, also um die 370 möglichen Kilometer. Das sind auf die Größe des Fahrzeugs und bei zirka 15 Grad Außentemperatur erstaunliche Werte. Auf der Autobahn bei 130 km/h ergab sich dann aber eine etwas andere Wahrheit. Dort genehmigt sich der bZ4X dann eher so 21 kWh/100 km. Dies entspreche dann ungefähr 230 bis 240 Kilometer real auf der Autobahn.
Für einige dürfte dies reichen, da man ja schließlich auch mit bis zu 150 kW im Peak wieder aufladen kann. Dennoch, mit etwas mehr Akku könnte man dann auf 300 Kilometer realistisch kommen. Dies halten wir dann für einen Sweetspot, vor allem auf den Preis bezogen. Mir erscheint da Auto aber wieder einmal etwas zu groß für die Stadt.
Toyota hat natürlich einen großzügigen Puffer eingebaut. 71 kWh sind real verbaut, 64 kWh sind während des Fahrens nutzbar. Mit zum Beispiel 77 kWh nutzbarer Batterie wäre auf der Autobahn auch etwas mehr möglich. Trotzdem sei gesagt, Toyota dürfte der einzige Hersteller sein, der 10 Jahre oder eine Million Kilometer lang Garantie auf den Akku des bZ4X gibt. Nach dieser hohen Laufleistung soll der Akku innerhalb der Garantie noch über 70 Prozent seiner üblichen Leistung haben. Das ist eine sehr beachtliche Leistung für den Kunden.
Ladegeschwindigkeit: Nach dem Update recht ordentlich
Eine manuelle Vorkonditionierung konnten wir im Menü des bZ4X nicht entdecken. Immerhin gibt es 150 kW Ladeleistung im Peak. Wir haben mit 10 % SoC angesteckt und 140 kW bekommen. Soweit so gut. Relativ schnell aber legte sich die Kurve auf 110 kW bei 50 Prozent SoC und lag dann bis 80 Prozent bei 90 kW Ladeleistung. Das geht besser. Toyota selbst gibt eine Ladezeit von zirka 29 Minuten von 10 auf 80 Prozent an.
Zumindest wurde das Thema Laden ernster genommen, denn als der bZ4X gerade frisch auf dem Markt war, gab es wohl einige Ladeprobleme. Daher gab es auch einige Zeit keine Testfahrzeuge, da Toyota intern an diversen Verbesserungen gewerkelt hat. Immerhin hat sich die Ladeleistung daraufhin im Vergleich zur alten Software deutlich verbessert.
Kann man den bZ4X empfehlen?
Ja, es ist durchaus ein gutes Auto, aber eben nur ein mittelmäßiges Elektroauto. Man bekommt definitiv viel Platz im bZ4X, hinten als auch vorne. Des Weiteren bietet er genügend Leistung, um im Straßenverkehr auch überholen zu können. Wir hätten uns im Endeffekt ein etwas besseres Infotainment mit Laderoutenplanung und für den Preis weniger Klavierlack und Hartplastik im Innenraum gewünscht. Auch außen am Fahrzeug findet man viele Kunststoffe, die sehr attraktiv für Kratzer sind. Für die meisten dürfte die Reichweite ausreichend sein.
Dennoch wäre ein größerer Akku wünschenswert, da wir hier schließlich schon einen großen, ID.5 ähnlichen SUV vor uns haben. Die Preise sind definitiv noch etwas zu hoch für das Gebotene, da sollte man auch mal einen Blick über die Konkurrenz schweifen lassen. Dort bekommt man unter Umständen mehr vom Gewohnten. Wenn man schon lange an Toyota gewohnt ist und ein SUV aus japanischem Haus fahren möchte, dann sollte man sich den Nissan Ariya mal genauer ansehen. Dort, finden wir, bekommt man eine deutlich höhere Innenraumqualität.