Tesla Model 3 Performance im Test: Teslas Sportskanone

Das Tesla Model 3 hat im vergangenen Jahr ein neues Gesicht bekommen: Mit der Bezeichnung „Highland“ schicken die Amerikaner den bewährten Verkaufsschlager frisch poliert auf die Straße. Was sich hinter dem neuen Gesicht verbirgt, habe ich zwei Wochen lang mit der stärksten Variante „Performance“ ausführlich getestet.
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Fazit: Ein Elektro-Sportler wie kein anderer
Wenn man die Marke Tesla mit einem Wort beschreiben möchte, würde der Begriff „unkonventionell“ wohl am besten passen. Diese Strategie, eben nicht alles wie die anderen zu machen, hat Tesla weit gebracht. Die enorme Sportlichkeit, das moderne Bedienkonzept und viele weitere Details meistert Tesla nicht nur im Model 3 Performance.
Doch hier und da übertreiben es die Amerikaner ein bisschen: Die fehlenden Lenkstockhebel haben das Bedienkonzept eher verschlechtert als verbessert. Unter dem Oberbegriff „Verbesserung“ kann man leider auch den Autopilot nicht aufführen, bei dem Tesla in Europa seit Jahren auf der Stelle tritt.
Dennoch überzeugen die positiven Seiten des Amerikaners. Das Tesla Model 3 Performance ist ein E-Sportwagen wie kein anderer und macht nicht alles, aber vieles besser als die Konkurrenz. Für einen Preis von 59.470 € für die stärkste Version des Model 3 bekommt man ein tolles Gesamtpaket.
Der Test im Video
Das ist neu im Model 3 „Highland“
Exterieur in Roadster-Optik
Von außen betrachtet hat Tesla einiges an der Optik des Model 3 verändert. Ins Auge fallen sofort die schmaleren Scheinwerfer, die stark an den neuen Roadster erinnern – der inzwischen ganze sieben Jahre auf sich warten lässt. Auch die Rückleuchten hat Tesla nachgeschärft: Etwas kantiger, etwas sportlicher. Nur von der Seite betrachtet fällt kein Unterschied zum Vorgänger auf, die Silhouette des Fahrzeugs ist praktisch gleich geblieben.
Die stärkste Ausführung „Model 3 Performance“ erkennt man jetzt an einem kleinen Wappen am Heck, welches den „Ludicrous-Mode“ aus dem Film „Spaceballs“ darstellt. Das ist nicht neu: Schon in älteren Model S und X hat Tesla dieses Easter Egg als Animation über den Bildschirm laufen lassen, sobald in den sportlichsten Modus gewechselt wurde.
- Bild: TechnikNews
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Verbesserte Qualität im Innenraum
Ebenso wie beim Exterieur des Model 3 hat Tesla auch im Interieur Hand angelegt. Die Holzoptik auf dem Armaturenbrett ist verschwunden, stattdessen findet sich dort ein Karbon-Panel, solide eingefasst in ein weiches, kunstlederartiges Material. Der hell-beige Dachhimmel bleibt unverändert, diesen hätte Tesla etwas aufwerten können.
Die Sitze sind im Model 3 Performance etwas sportlicher ausgelegt als in den Standard-Varianten, hier bekommt man mehr Seitenhalt für flotte Kurvenfahrten. Als nettes Gimick ist in die Performance-Sitze in der ersten Sitzreihe das von außen bekannte Ludicrous-Badge eingearbeitet.
Die Ausstattungsliste wächst
Besucht man den Konfigurator auf der Tesla-Homepage, um sich sein Wunschfahrzeug zusammenzustellen, fällt eines recht schnell auf: Kostspielige Kreuzchen für Zusatzausstattung kann man hier kaum welche setzen. Das hat den einfachen Grund, dass bereits in den Budget-Varianten aus Teslas Fuhrpark meist schon alles mit drin ist, was das Herz so begehrt.
Diese Preispolitik setzt Tesla auch im Model 3 Highland konsequent fort und stattet nun schon die Einstiegsvariante mit Sitzbelüftung, Ambientelicht und einem Display für die hintere Sitzreihe aus. All das fehlte in sämtlichen Varianten des bisherigen Model 3 und ist eine starke Aufwertung zu der ohnehin sehr guten Ausstattung – wie bereits im Vorgänger sind unter anderem beheizte Vorder- und Rücksitze, eine elektrische Heckklappe und ein Glasdach immer Serie.
- Bild: TechnikNews
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Performance
Beschleunigung sucht seinesgleichen
Tesla geizt grundsätzlich nicht mit Leistung. Kreuzt man im Konfigurator aber die stärkste Variante an, wird es schnell kriminell. Zwei Elektromotoren im Model 3 Performance leisten 400 kW / 544 PS, gerade aus dem Stand beschleunigt der Tesla mit einer unvergleichlichen Schärfe. Von Tempo 0 auf 100 km/h vergehen gerade einmal 3,1 Sekunden.
Performance an der Ladesäule verbesserungswürdig
Am Schnelllader bietet sich beim Model 3 Performance ein etwas anderes Bild. Die maximale DC-Ladeleistung ist mit 250 kW zwar mehr als ordentlich, nur leider ist man davon in der Realität meist weit von entfernt. Nur mit Glück springt die Anzeige auf dem Display mal auf 250 kW, um nach wenigen Sekunden wieder drastisch abzufallen. Schon bei 30 % erreicht das Model 3 nur noch 150 kW – schlappe 100 kW weniger als seine Spitzenleistung. Bei 50 % fällt die Leistungsanzeige in den zweistelligen Bereich.
Für eine Aufladung von 10 auf 80 % nimmt sich das Model 3 Performance gute 33 Minuten Zeit, kein besonders guter Wert. Das kann Tesla sogar selbst deutlich besser: Das Tesla Model Y Standard Range mit LFP-Akku aus dem Hause BYD schafft den Sprung von 10 auf 80 % in gerade einmal 19 Minuten – fast eine Viertelstunde schneller als das Model 3 Performance.
Lange Strecken ohne Probleme
Trotz bescheidener Ladeleistung ist das Model 3 Performance ein gutes Auto für die Langstrecke. Mit der erwähnten Leistung von 544 PS und Allradantrieb braucht man vom Model 3 Performance keine Effizienz-Rekorde erwarten, dafür sollte man zur kleineren Variante mit Heckantrieb greifen.
Dennoch erreicht das Performance-Modell im Reichweitentest einen guten Verbrauch von 137 Wh / km bei Tempo 90 und 183 Wh / km bei Tempo 120. Beide Verbräuche wurden im Februar bei 10 °C Außentemperatur gemessen. Mit dem 75 kWh großen Akku resultieren daraus 547 km Reichweite bei 90 km/h und 410 km bei 120 km/h.
Software und Konnektivität der Extraklasse
Flüssige Bedienung mit Wohlfühlfaktor
Das zentrale Touch-Display im Tesla Model 3 Performance hinterlässt einen sehr guten Eindruck. Nicht nur die Schnelligkeit des Systems ist hervorragend, auch die Möglichkeiten sind sehr vielfältig. Sowohl vorne als auch hinten können Medien wie Netflix oder YouTube gestreamt werden, zudem gibt es eine große Auswahl an Spielen für den Zeitvertreib.
Nicht zuletzt kann über verschiedene Plattformen wie Spotify, Amazon Music oder YouTube Music Musik gestreamt werden, was in Verbindung mit dem hervorragenden Soundsystem wahrlich ein Erlebnis ist. Kurzum fühlt man sich auch im Stillstand sehr wohl in dem Tesla, hier kommt keine Langeweile auf.
Stabile und vielseitige Smartphone-App
Auch bei der Smartphone-App macht Tesla vieles richtig. Die Verbindung zum Fahrzeug ist stabil und die gebotenen Möglichkeiten sind sehr umfangreich.
Schon um ins Fahrzeug zu gelangen und loszufahren, spielt das Smartphone eine entscheidende Rolle. Über Bluetooth verbindet sich der „Handyschlüssel“ automatisch mit dem Tesla und öffnet das Fahrzeug, sobald der Türgriff betätigt wird. Als Backup, falls das Handy mal nicht zur Hand ist, gibt es eine NFC-Schlüsselkarte.
Des Weiteren kann der Tesla über die Smartphone-App rund um die Uhr überwacht werden. Die Live-Bilder des Wächter-Modus können abgerufen werden und potentielle „Gefährder“ können sogar über eine Sprachverbindung mit den Lautsprechern außen am Fahrzeug verscheucht werden.
Neben üblichen App-Funktionen wie Vorklimatisierung, Routenplanung und weiteren Fahrzeugeinstellungen kann über die App auch ein Service-Termin gebucht werden. Dabei hat man bei kleinen Reparaturen oft auch die Möglichkeit, einen „Tesla-Ranger“ zu bestellen, der an die Heimadresse kommt und die Arbeiten direkt zuhause durchführt.
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Fehlende Lenkstockhebel sind ein Fehler
Teslas Hang unkonventionelle Wege zu gehen, wurde in der Vergangenheit oft belohnt. Hin und wieder treiben es die Amerikaner aber auf die Spitze und ziehen vermehrt Kritiker auf sich. Bestes Beispiel dafür sind beim Model 3 Highland die fehlenden Hebel hinter dem Lenkrad.
Gangwahl: Smart gelöst
Der Hebel für die Gangwahl befand sich bei Tesla stets rechts hinter dem Lenkrad. Dieser Hebel ist nun verschwunden, stattdessen bietet Tesla zwei Möglichkeiten, den Gang auszuwählen.
Die erste Möglichkeit ist die Gangwahl über den Touchscreen. Am linken Displayrand taucht im Stand oder bei niedrigen Geschwindigkeiten ein kleiner Schieberegler auf, den man für den Rückwärtsgang nach unten und für den Vorwärtsgang nach oben ziehen kann.
In der Regel ist der Schieberegler allerdings nur ein Backup für das sogenannte „Smart Shift“. Dies berechnet automatisch anhand historischer Daten und Kameradaten, in welche Richtung das Fahrzeug am wahrscheinlichsten fahren wird und legt bereits beim Betätigen der Bremse entweder den Vorwärts- oder den Rückwärtsgang ein. In der Praxis funktioniert dies tatsächlich sehr gut und bietet eine gute Alternative zur herkömmlichen Hebelsteuerung.
Blinker: Nicht optimal
Der Blinker wurde durch den Wegfall der Lenkstockhebel ebenfalls an eine andere Position verlagert, man findet ihn nun als Tasten auf dem Lenkrad. Das ist für Fahrten auf der Autobahn oder beim Abbiegen auf der Landstraße prinzipiell in Ordnung.
Spannend wird es dann, wenn man aus einem Kreisel herausfahren will. Dann ist das Lenkrad plötzlich falschherum und im Kopf entsteht ein Knoten. Welcher Knopf ist jetzt für rechts?
Nach einiger Zeit hat man es raus, da man den Kreisel natürlich immer nach rechts verlässt und sich somit nur einmal merken muss, welcher Knopf in diesem Fall der richtige ist. Nichtsdestotrotz wäre hier die herkömmliche Hebelvariante definitiv einfacher.
Fernlicht: Darum mögen LKW-Fahrer Tesla nicht
Auch für das Fernlicht hat sich Tesla wegen der fehlenden Hebel eine Alternative ausgedacht. Wie beim Blinker wurde hierfür eine Taste in das Lenkrad integriert, über die das Fernlicht eingestellt werden soll. Für Lichthupe drückt man diese Taste kurz, um das Fernlicht einzuschalten hält man die Taste eine Sekunde lang gedrückt.
Das führt in der Praxis zu einer Menge Problemen. Zunächst sei erwähnt, dass das Model 3 serienmäßig über Matrix-LED-Licht verfügt. Dieses kann aber insbesondere auf der Autobahn entgegenkommende LKWs sehr oft nicht erkennen, da die Scheinwerfer des Gegenverkehrs hinter der Leitplanke verschwinden.
Will man das Fernlicht nun manuell ausschalten, muss man die Fernlicht-Taste auf dem Lenkrad kurz gedrückt halten. In diesem Moment macht man aber zwangsläufig Lichthupe und blendet somit nicht nur weiterhin den entgegenkommenden LKW, sondern auch noch zusätzlich die vorausfahrenden Fahrzeuge in der eigenen Spur. Prinzipiell ist es also egal was man macht, auf der Autobahn blendet man ständig andere Verkehrsteilnehmer.
Eine denkbar einfache Lösung wäre, das Fernlicht auf der Autobahn dauerhaft auszuschalten. Doch auch das geht nicht, denn sobald der Autopilot aktiviert wird, wird auch gleichzeitig das automatische Fernlicht aktiviert – ganz egal, ob man es zuvor manuell ausgeschaltet hat. Es ist ein Dilemma, aus dem es zur Zeit keinen Ausweg gibt. Hier muss Tesla dringend per Software-Update nacharbeiten.
Autopilot mit Schwächen
Tesla bietet schon seit einigen Jahren ohne Aufpreis in allen Fahrzeugen den Autopilot an. Das System kann automatisch die Spur halten und adaptiv die Geschwindigkeit regeln. Gegen 3.800 € Aufpreis kann das System, theoretisch auch nachträglich per Software-Update, um ein automatisches Spurwechselsystem, Smartes Herbeirufen und Autoparken erweitert werden. Das „volle Potenzial für autonomes Fahren“ umfasst alle genannten Erweiterungen und zusätzlich noch einen Ampel- und Stoppschildassistenten – Aufpreis zum Basis-Autopilot: 7.500 €.
Tesla hat mit dem Autopilot schon sehr früh ein sehr beeindruckendes Assistenzsystem auf die Beine gestellt. In den vergangenen Jahren ist die Entwicklung in Europa jedoch praktisch zum Erliegen gekommen. Noch immer gibt es keine zuverlässige Schildererkennung, wodurch bei Fahrten mit Autopilot ständig an Stellen abgebremst wird, an denen vor Jahren mal eine Baustelle mit Tempolimit war, die aber inzwischen längst verschwunden ist. Andere Systeme, beispielsweise von Volkswagen oder BMW, bremsen und beschleunigen automatisch und vorausschauend an Temposchildern – da ist Tesla weit von entfernt.
Auch der automatische Spurwechselassistent funktioniert nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit. Es kommt vor, dass der Spurwechsel abgebrochen wird, oder auch zeitweise gar nicht funktioniert.
Insgesamt erfordert der Tesla Autopilot zu viele Eingriffe des Fahrers, die sich negativ auf den Fahrkomfort auswirken. Tesla kann es zwar auch anders, wie man mit dem Full Self Driving in Amerika sehen kann, europäische Kunden haben davon zur Zeit aber gar nichts. Es bleibt abzuwarten, wann das System in Europa verfügbar sein wird.