So groß ist der Unterschied zwischen Vibrationsmotoren im Smartphone
Die Vibration eines Smartphones: Sie kann uns erinnern, wenn wir angerufen werden. Sie kann uns warnen, wenn wir eine wichtige Nachricht erhalten. So war die Intention, als die ersten Vibrationsmotoren in einem Smartphone verbaut wurden. Wir klären heute die Frage, welche Unterschiede es bei Vibrationsmotoren im Smartphone gibt.
Mit der Vorstellung der Apple Watch in 2014 brach Apple diese Tradition mit der Taptic Engine, Taptic für „taktil“ (tactile) und „haptisch“ (haptic). Wenig später erreichte sie auch das iPhone, der Nutzen von Vibrationen wurde um haptisches Feedback in der Benutzung erweitert.
Außerdem die nicht-mechanische Home-Taste im iPhone 7, die kleine Vibration beim Drehen des Zahlenrads in der Uhr, die Simulation einer mechanischen Tastatur mithilfe von Vibrationen: Alles Beispiel dafür, wie Vibrationen die Grenze der Zweidimensionalität brechen können. Dabei unterscheidet man zwischen hochwertigem und „billigem“ Vibrieren. Viele kennen jedoch nicht den Unterschied. Heute zeigen wir euch, was genau dahinter steckt.
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Grober Überblick
Grober Überblick bevor wir starten: Der typische Vibrationsmotor nennt sich ERM-Motor, Eccentric Rotating Mass (rotierende Masse). Danach kam in den Jahren später der lineare Motor hinzu, er wird unterteilt in den z- und x-Achsen Linearmotor.
Unterschied der Vibration an einem realen Test dargestellt
In den folgenden Zeilen gibt es aufgenommene Vibrationen zu hören. Dabei haben wir für jede Art einen Vertreter, sodass die Unterschiede deutlich zu hören sind. Bewertungen finden noch nicht statt, das Verwenden von Kopfhörern wird stark empfohlen:
Huawei Mate 30 Pro (x-Achse), Vibration bei Anruf:
| Huawei Mate 30 Pro (x-Achse), Vibration beim Tippen: |
Samsung Galaxy S20 Ultra (z-Achse), Vibration bei Anruf: | Samsung Galaxy S20 Ultra (z-Achse), Vibration beim Tippen: |
Huawei P40 (z-Achse), Vibration bei Anruf: | Huawei P40 (z-Achse), Vibration beim Tippen: |
Samsung Galaxy A51 (ERM-Motor), Vibration bei Anruf: | Samsung Galaxy A51 (ERM-Motor), Vibration beim Tippen: |
Google Pixel 4 (x-Achse), Vibration beim Tippen: |
Erklärung der Funktionsweise
Welches Smartphone hat dir am meisten zugesagt? Die Gruppierung in den drei verschiedenen Arten von Motoren ist deutlich zu hören. Auch die Audio-Wave spiegelt wider, welche Vibrationen knackiger waren.
Der Unterschied ist sehr groß. Wir kommen in die Erklär-Phase.
ERM-Vibrationsmotor
Beim klassischen ERM-Vibrationsmotor wurde grob gesagt auf einem Motor ein rotierendes Massestück verbaut. Die elektrische Spule des Motors bekommt dabei Kraft durch das Magnetfeld und führt hiermit das Massestück zu einer drehenden Bewegung. Aufgrund von einer sogenannten Zentrifugalkraft, die wegen Trägheit eines Körpers entsteht, bewegt sich die ganze Einheit zusammen. Das Ganze in schneller Geschwindigkeit und das Smartphone vibriert.
Vom Start des Auslösens bis zur getätigten Vibration vergeht eine Weile an Zeit, denn man muss zunächst das Massestück in schnelle Bewegung setzen. Genauer hingehört bemerkt man deswegen eine Latenz. Auch kann man keine kurzen, knackigen Vibrationen hinbekommen, an der Audio-Wave erkennt man schon, sie ist eher träge. Gleichzeitig entscheidet die Geschwindigkeit auch über die Stärke der Vibration, die man aber nicht einzeln einstellen kann. Die Vibrationen sind alle gleich, bei der einstellbaren „Stärke“ wird meistens nur die Dauer der Vibration verändert.
Warum verbauen trotz der Nachteile viele Hersteller immer noch diese Art von Vibrationsmotoren? Preisgründe. Sie sind mit Abstand die günstigsten und ziehen das benötigte Budget in einem Mittelklasse-Smartphone herunter.
z-Achse LRA-Vibrationsmotor
Dem gegenüber stellt sich der z-Achse LRA-Linearmotor. Er besteht hauptsächlich aus einer Schwingspule, einer bewegenden, magnetischen Masse sowie einer Feder.
Wenn die Stromstärke in der Spule verändert wird, tut dies auch das Magnetfeld und die magnetische Masse bewegt sich automatisch hoch und runter, in Richtung der z-Achse.
Dadurch entstehen die Vibrationen, die sich nicht mehr so träge anfühlen. Die Bewegung kann kurz ausgeführt werden. Mit der Veränderung des Stroms ermöglichen diese auch das Kontrollieren der Vibrationsstärke und -frequenz. Der Energieverbrauch eines LRA-Motors ist nur halb so groß wie bei einem ERM-Motor.
Problematisch wird es nur, wenn das Smartphone auf dem Tisch liegt, denn der Motor feuert direkt in seine Richtung nach unten. Dadurch entsteht das extrem laute, erschreckende Geräusch. Vermieden kann das kaum werden, bei Samsung ist es extrem schlimm.
X-Achse LRA-Vibrationsmotor
Der beste x-Achsen Vibrationsmotor arbeitet vom Prinzip gleich wie der z-Achsen LRA-Motor, denn beide verwenden die Stromstärke und Spule zum Verändern des Magnetfelds, um über magnetische Massen und einer Feder hin und her Bewegungen durchzuführen. Nur die Richtung wurde hierbei von der z-Achse zur x-Achse verändert.
Aufgrund der Beschränkungen der Dicke von einem Smartphone haben z-Achsen Vibrationsmotoren nur einen kleinen Raum Bewegungsfreiheit. Die Vibrationen können hierbei immer noch etwas träge und noch nicht so ganz knackig klingen, dies ist bei x-Achsen Vibrationsmotoren dann der Fall. Der Vorteil von ihnen liegt einfach an dem größeren Platz zur Bewegung, das ermöglicht die präzisesten Vibrationen, eine höhere Stärke und das hochwertigste Gefühl. Wir sehen aktuell immer mehr Smartphones, die diese Art Vibrationsmotoren verwenden.
Für so hochwertige Vibrationen muss man aber eben viel wertvollen Platz opfern, die sowieso schon kleine Apple Watch besteht zum Beispiel zu einem Drittel nur aus der Taptic Engine.
Das Software-Problem
Ein Problem wurde bisher ganz außen vor gelassen, denn der gleiche Vibrationsmotor gibt einem auf unterschiedlichen Smartphones ein komplett anderes Gefühl. Manche x-Achse Motoren geben ein Erlebnis eines ERM-Motors, manche z-Achse Motoren fühlen sich wie x-Achse an. Das Problem ist ein langes Wort: Softwareoptimierung.
Den beste Bildschirm verbaut zu haben bringt nichts, wenn die Farbabstimmung nicht stimmt. Der größte Kamerasensor macht keine guten Bilder, wenn die Bildverarbeitung nicht passt. Bei Vibrationsmotoren ist das genau gleich, beispielsweise einige vorinstallierten Tastaturen, die absolut nicht auf das Gerät angepasst wurden und sich schrecklich anfühlen. Bei einigen Smartphones ist die Anpassung allgemein nicht vorhanden. Ich hoffe, dass jeder Hersteller beginnt, sich Mühe in der Optimierung zu geben, denn über das bessere Nutzungserlebnis würde sich kein Verbraucher beschweren.
Wo findet man welche Vibrationsmotoren?
Kurz vor dem Schluss möchte ich einen groben Überblick über den Markt geben. Da dieses Datum meistens noch nicht auf Datenblättern zu finden ist, muss man sich selber offline durch das Testen eines Gerätes oder Teardown-Bilder informieren.
ERM-Vibrationsmotoren findet man aktuell in den allermeisten Smartphones unter 300 Euro, wie beispielsweise die Mittelklasse-Geräte der Firma Samsung, Huawei, Realme und viele mehr. Bei OPPO, Vivo und Motorola ist es zurzeit sogar so, dass alle Geräte (abgesehen von drei Ausnahmen) einen ERM-Motor verwenden.
Z-Achsen LRA-Vibrationsmotoren sind meistens im Bereich der Oberklasse vertreten, zum Beispiel im Find X3 Neo. Selten gibt es sie auch als Überraschung in der Unterklasse, wie beispielsweise im POCO X3 NFC oder dem Redmi Note 10 Pro. Früher waren sie auch Standard in den Flaggschiff-Modellen wie etwa dem Xiaomi Mi 9 oder Huawei Mate 20 Pro. Aus Platzgründen werden sie aber ebenfalls in der Huawei P-Reihe, dem OPPO Find X3 Pro und allen Samsung Flaggschiffen angewendet.
Wunsch für Vibrationsmotoren
Vibrationen sind etwas Wichtiges und Tolles, denn minderwertiges Feedback mindert auch das Gefühl der Hochwertigkeit eines Smartphones massiv. Hochwertiges Feedback steigert die Lust auf das Benutzen des Smartphones stark. Ich hoffe, dass immer mehr Hersteller Fokus hierauf legen und vielleicht beginnen, damit zu werben. Dass die Verbraucher es nicht als wichtig erachten, ist keine Erlaubnis, für 799 Euro einen 30 Cent Vibrationsmotor zu verbauen. Niemand würde ein gutes Nutzungserlebnis verweigern.
Quellen
Texas Instruments: Solutions for ERM and LRA Actuators
Sehr verständlich geschrieben, auch für Laien
Danke für diese ausführliche und genaue Erklärung, werde ich für mein Referat in Physik verwenden!
Hi Uwe,
danke für dein Feedback und viel Erfolg für dein Referat!
Viele Grüße
Yinan von TechnikNews