Huawei Mate 40 Pro im Test: Das vergessene Flaggschiff
Das Huawei Mate 40 Pro erschien Ende des letzten Jahres für eine unverbindliche Preisempfehlung von 1.199 Euro. Die Ausstattung kann sich zwar mehr als sehen, aber da auch das Mate 40 Pro mit einigen Einschränkungen daherkommt, erscheint die UVP viel zu hoch.
Glücklicherweise ist der Preis deutlich gefallen. Man bekommt es mittlerweile für etwa 850 Euro und ob es dafür empfehlenswert ist, oder ob es aufgrund der Google-Problematik kaum eine Chance hat, erfahrt Ihr in den folgenden Zeilen.
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- 1 Design – unbeschreiblich hochwertig & schön
- 2 Display – kleine Schwächen, aber nicht auf dem Papier
- 3 Software – hat alles außer Google-Dienste
- 4 Performance – beeindruckender Fortschritt des Kirins
- 5 Akku – gut, aber nicht perfekt
- 6 Kamera – sehr gut trotz Rückschritte
- 7 Sonstiges – endlich vollständig
- 8 Fazit
- 9 Huawei Mate 40 Pro kaufen
Design – unbeschreiblich hochwertig & schön
Betrachtet man Huawei-Smartphones aus der Vergangenheit, wie etwa das Mate 30 Pro oder das P40 Pro, so waren diese zwar ziemlich groß, jedoch immer noch im Rahmen und somit kleiner als der Trend anderer Smartphones, was sie auch hochwertig gemacht hat. Dies änderte sich jedoch beim Mate 40 Pro. Mit Abmessungen von 75,5 mm in der Breite, 9,1 mm in der Dicke und einem Gewicht von 212 Gramm unterscheidet es sich nicht mehr viel von anderen großen Flaggschiffen. Eine Einhandbedienung ist so gut wie unmöglich.
Der Rahmen des Smartphones besteht aus Aluminium in Hochglanzoptik, welches sich sehr hochwertig anfühlt. Er ist dabei jedoch extrem dünn, da das Display sich in einer großen Edge um rund 90 Grad nach hinten wölbt. Man nennt es auch „Wasserfall-Display“. Das sorgt dafür, dass man Personen sehr beeindrucken kann und das Design extrem hochwertig und teuer wirkt. Zudem kann man an beiden Seiten per Doppeltipp die Lautstärke über einen eingeblendeten Regler verstellen, was ich im Alltag sehr gerne nutzte und als deutlich praktischer als die reguläre Lautstärkensteuerung mit Tasten empfand. Diese gibt es, anders als beim Vorgänger, trotzdem. So schön und beeindruckend das Waterfall-Display auch wirkt, muss man im Alltag bei frontaler Betrachtung auf den Bildschirm mit sichtbaren Verfärbungen auskommen.
Sowohl die Vorder- als auch die Rückseite bestehen aus Glas. Die von mir getestete Farbe „Mystic Silver“ besteht aus mattem Material, wobei sich die Farbe je nach Lichteinfall in vielen bunten Farben aufteilt, was für mich persönlich sehr schön aussieht. Als andere Option gibt es in Europa leider nur Schwarz, welches durch die Hochglanzoptik Fingerabdrücke nahezu magisch anzieht. Mein favorisiertes sauberes Weiß oder Kunstleder als Material bleiben dem chinesischen Markt vorenthalten.
Beim Kameramodul geht Huawei einen eigenen Weg, der sich extrem von der Konkurrenz unterscheidet. Mir gefällt das Design unglaublich gut, es handelt sich hierbei um eine der schönsten Rückseiten im Smartphone-Bereich, zumindest meiner Meinung nach. Der Leica-Schriftzug sieht extrem hochwertig und erfrischend aus. Zusammen mit schönen Abrundungen, einem silbernen Ring und der symmetrischen Anordnung erfüllt das Mate 40 Pro die Anforderungen in Eigenständigkeit, Hochwertigkeit und Optik. Huaweis langjährige Erfahrung im Bereich Design der Flaggschiff-Smartphones zahlt sich mal wieder vollständig aus.
Display – kleine Schwächen, aber nicht auf dem Papier
Rein von den Spezifikationen scheint Huawei beim Display nicht an die Grenzen zu gehen. Bei einer Diagonale von 6,76 Zoll löst es mit 2.772 x 1.344 (456 ppi) auf, was dem iPhone sehr ähnelt. Bei der Wiederholfrequenz setzt das Mate zudem lediglich auf 90 Hertz, die sich im Vergleich zu 120 Hertz weniger flüssig anfühlen, im Vergleich zu 60 Hertz aber einen sichtbaren Unterschied darstellen.
Ein viel größeres Problem stellt jedoch die Tatsache dar, dass Huawei auf verschiedene Displayzulieferer setzt, dessen Bildschirme qualitativ Unterschiede aufweisen können. So hat unser Testgerät zum Beispiel eher schwächere Blickwinkel, weshalb sich das Display bei seitlicher Neigung sichtbar ins Gelbliche verfärbt. Hinzu kommt, dass es bei dunklerer Helligkeit ein sehr unsauberes Bild mit viel Rauschen darstellt. Bei grauen Oberflächen sieht man zudem die bekannten grünen Verfärbungen.
Gut sind hingegen die Farbwiedergabe sowie die verbesserte Helligkeit, die im Vergleich zur Konkurrenz gut mithalten können.
Software – hat alles außer Google-Dienste
Als Software hat das Huawei Mate 40 Pro die EMUI 11 Benutzeroberfläche über Android 10 vorinstalliert. Aufgrund einiger bekannter Probleme kommt hier noch nicht das neuste Android 11 zum Einsatz. Dies bemerkt man im Alltag jedoch nicht, da es sich bei EMUI um eine stark angepasste Benutzeroberfläche handelt.
Abgesehen von vielen nützlichen Funktionen, wie einem sehr einfach zu aktivierenden Einhandmodus oder schwebenden Fenstern, ist die mittlerweile extrem flüssige und konstante Bedienung ein großer Vorteil. Huawei hat auf Kritik von früheren Jahren, in denen man EMUI noch wegen Mikro-Rucklern und der Performance kritisieren musste, reagiert und mittlerweile handelt es sich zusammen mit iOS um die meiner Meinung nach flüssigste Benutzeroberfläche. Während es bei meiner Verwendung in anderen Benutzeroberflächen immer wieder kleinere Bugs, Ruckler oder Ähnliches gibt, läuft EMUI immer konstant und extrem stabil.
Wie man schon mitbekommen haben sollte, haben die aktuellen Huawei-Smartphones seit dem Mate 30 Pro jedoch einen unvermeidbaren Nachteil, denn sie werden ohne vorinstallierte Google-Dienste ausgeliefert. Die meisten Applikationen, abgesehen die von Google, können über alternative AppStores, der AppGallery oder Petal Search heruntergeladen werden. Probleme gibt es jedoch unter anderem mit Banking-Apps und Push-Benachrichtigungen in Apps wie eBay oder Twitter.
Performance – beeindruckender Fortschritt des Kirins
Für eine starke Performance werkelt unter der Haube des Mate 40 Pro der brandneue Kirin 9000 5G SoC. Als erster Prozessor im Android-Segment, der im Fünf-Nanometer-Verfahren gefertigt wird, spielt er leistungstechnisch ganz vorne mit und hat beim Energieverbrauch sogar einen Vorteil gegenüber dem Snapdragon 888. Er wird zudem von 8 GB Arbeitsspeicher und standardmäßig 256 GB SFS Speicher unterstützt, der sich bei Lese- und Schreibgeschwindigkeiten deutlich besser als UFS 3.1 Speicher schlägt.
Wichtiger ist jedoch die Performance im Alltag. Hier schlägt sich das Mate 40 Pro natürlich einwandfrei. Apps starten und schließen extrem schnell, Ruckler und Verzögerungen sucht man vergeblich und insgesamt ist das Bedientempo auf einem sehr hohen Niveau. Gemeinsam mit der konstanten 90 Hertz Bildwiederholrate fühlt sich die Bedienung extrem flüssig an. Auch bei aufwendigen Spielen hat das Smartphone keine Probleme, hier fällt besonders die gute Kühlung auf, die mit dem effizienten Kirin 9000 dafür sorgt, dass das Smartphone unterdurchschnittlich warm wird.
Akku – gut, aber nicht perfekt
Huawei verpasst dem Mate 40 Pro einen 4.400 mAh starken Akku, der im Vergleich zum Vorgänger sogar etwas kleiner wurde. Größer als der Akku im P40 Pro+ ist er allerdings schon. Komischerweise merkt man davon im Alltag relativ wenig, vor allem wenn man das Smartphone im Mobilfunknetz nutzt. Dann komme ich zwar durch einen Tag, schaffe aber nur 6 bis 7 Stunden Screen-On-Time, was zwar relativ gut klingt, für meine Verhältnisse aber nicht allzu überzeugend ist. Mein P40 Pro+ performt hier trotz kleinerem Akku und älterem Kirin 990 Prozessor merkbar besser.
Nutze ich das Smartphone hingegen im WLAN, so steigt meine Screen-On-Time auf etwa 8 Stunden, womit ich zufrieden bin.
Dank 66 Watt Fast-Charge ist das Mate 40 Pro in gut unter 50 Minuten vollgeladen. Das ist langsamer als Fast-Charge mit 65 Watt der Konkurrenz, da Huawei aus verschiedenen Gründen nicht auf eine zweigeteilte Batterie setzt. Dennoch ist die Ladegeschwindigkeit im Alltag völlig ausreichend. Wireless-Charging ist mit bis zu 50 Watt möglich.
Kamera – sehr gut trotz Rückschritte
Huawei-Smartphones beeindrucken nun schon seit einigen Jahren mit ihren enorm starken Kamera-Setups. Mit dem P40 Pro führte der Hersteller Anfang des letzten Jahres zum ersten Mal eine Periskop-Kamera mit der hauseigenen RYYB-Technologie ein, wodurch Farben noch akkurater wiedergegeben werden und auch die Lowlight-Performance sichtbar verbessert wird. Leider geht Huawei mit dem Mate 40 Pro einen anderen Weg und verzichtet auf die RYYB-Technologie. Der 12 Megapixel Sensor mit 5-fach optischer Vergrößerung kommt mit den gewohnten grünen Pixeln daher. Mit dazu gibt es eine 50 Megapixel Hauptkamera, die leider mit keinem OIS ausgestattet ist. Auch das ist ein Rückschritt im Vergleich zum P40 Pro. Immerhin bekommt die Ultra-Weitwinkelkamera ein Upgrade. Sie löst mit 20 Megapixel auf und kann aufgrund der großen Sensorgröße extrem viel Licht einfangen. Die Frontkamera hat eine Auflösung von 13 Megapixel.
Im Vergleich zum P40 Pro fällt auf jeden Fall die realistischere Farbwiedergabe auf, auch wenn die Hauptkamera des Mate 40 Pro oftmals zu eher wärmeren Farben tendiert. Die Schärfe ist gewohnt hervorragend und dazu gesellt sich ein sehr guter Dynamikumfang. Sobald es dunkler wird, bietet Huawei einen Nachtmodus an, bei dem die Bilder für ein paar Sekunden lang belichtet werden. Aufgrund der fehlenden optischen Bildstabilisierung können Aufnahmen schnell verwackeln, weshalb ich allen potenziellen Käufer empfehle, im manuellen Modus zu fotografieren. Meist gelingen damit bessere, realistischere Aufnahmen. Fotos werden im manuellen Modus schön hell, überzeugen mit einer hohen Schärfe und der Weißabgleich ist meist akkurat, wobei er auch hin und wieder ordentlich daneben haut. Insgesamt gefallen mir bei schlechten Lichtbedingungen das P40 Pro und P40 Pro Plus noch etwas besser, aber auch das Mate 40 Pro spielt hier ganz vorne mit.
Bei der Ultra-Weitwinkelkamera gibt es leichte Verbesserungen. Farben wirken sehr natürlich, teilweise vielleicht sogar ein wenig zu blass. Besonders auffällig ist die schlechte Farbabstimmung zwischen Haupt- und Ultra-Weitwinkelkamera. Ansonsten ist die Qualität auf einem sehr hohen Niveau. Vor allem die Schärfe sowie die Lowlight-Performance sind nahezu perfekt. Bei der Schärfe kann selbst OPPO mit dem Find X3 nicht ganz mithalten. Dafür hat OPPO bei schlechten Lichtbedingungen leicht die Nase vorn.
Die Zoomkamera hinterließ bei mir eher gemischte Gefühle. Durchaus überzeugend ist die Schärfe, aber Farben werden oftmals zu blass wiedergegeben und hin und wieder wirken die Aufnahmen leicht überbelichtet. Zwar ist die Zoomkamera Apple, OnePlus, OPPO und Vivo deutlich überlegen, aber wenn man bedenkt, dass Huawei mit dem P40 Pro und P40 Pro Plus noch mehr liefern kann, bin ich etwas enttäuscht, besonders bei einer solch hohen unverbindlichen Preisempfehlung von 1.199 Euro.
Videos können in 4K mit bis zu 60 FPS aufgenommen werden und sehen richtig gut aus, auch wenn sie nicht ganz an Samsung rankommen.
Selfies sehen ebenfalls richtig gut aus. Zwar werden Gesichter für meinen Geschmack etwas zu weich gezeichnet, aber die Bildschärfe ist super. Außerdem ist die Frontkamera extrem weitwinklig, was bei Gruppen-Selfies enorm von Vorteil sein kann.
Testfotos
Schauen wir uns dazu noch ein paar Testfotos an. Die folgenden Bilder sind absolut unbearbeitet, aber verlustfrei komprimiert, um die Ladezeiten sowie den Speicherverbrauch der Webseite gering zu halten.
Vergleich mit dem Hauwei P40 Pro und Samsung Galaxy S21 Ultra
Zu guter Letzt wollen wir die Kamera noch in verschiedenen Situationen mit der Konkurrenz vergleichen. Ich habe mich für das Huawei P40 Pro und Samsung Galaxy S21 Ultra entschieden, da es sich beim P40 Pro um den engsten Konkurrenten aus dem eigenen Hause handelt und da das S21 Ultra zum Marktstart ähnlich viel wie das Mate 40 Pro kostete.
Daylight
Sowohl die Haupt- als auch die Ultra-Weitwinkelkamera können auf ganzer Linie überzeugen. Die Farbabstimmung könnte Huawei zwar mit zukünftigen Updates noch etwas verbessern, aber der Dynamikumfang und insbesondere die Bildschärfe sind hervorragend. Beim Zoom sehe ich aber die anderen Smartphones etwas weiter vorn, vor allem in Sachen Farbwiedergabe.
Lowlight
Trotz fehlender optischer Bildstabilisierung spielt das Mate 40 Pro auch bei Lowlight ganz vorne mit. Hin und wieder gefällt es mir sogar etwas besser als das P40 Pro, wobei dieses bei der Schärfe und insbesondere bei extrem schlechten Lichtverhältnissen die Nase vorn hat. Das Galaxy S21 Ultra macht einen soliden Job, muss sich aber den Smartphones aus dem Hause Huawei geschlagen geben.
Sonstiges – endlich vollständig
Während man Huawei-Flaggschiffe aus den Jahren zuvor immer wegen besonderer Features gemocht hatte, musste man sich im Klaren sein, einige Schwächen akzeptieren zu müssen. So waren es zum Beispiel die Mono-Lautsprecher, die niedrigere Displayauflösung oder ein nicht allzu hochwertiger Vibrationsmotor. Das Mate 40 Pro ist das erste Flaggschiff von Huawei, das auch bei der sonstigen Ausstattung vollständig mit dabei ist.
Die symmetrischen Stereo-Lautsprecher klingen richtig gut. Sie sorgen für einen sehr vollen, ausgewogenen Klang mit schönen Tiefen. Es handelt sich hierbei um mit die besten Lautsprecher auf dem Markt, da sie nach meinem Empfinden auch einem Mi 11 von Xiaomi überlegen sind.
Der verbaute Vibrationsmotor fühlt sich ebenfalls sehr hochwertig an. Hier ist die Konkurrenz von Xiaomi zum Beispiel aufgrund von besserer Optimierung zwar noch etwas besser, das hindert aber nicht daran, dass sich auch das Mate 40 Pro durch saubere, kurze Vibrationen klar vor einem S21 Ultra, OPPO Find X3 Pro oder Huawei P40 Pro positioniert.
Entsperrt wird das Mate 40 Pro entweder über eine dreidimensionale Gesichtserkennung in der etwas größeren Punch-Hole auf der Vorderseite oder per Fingerabdrucksensor im Display. Allein diese luxuriöse Kombination sucht seinesgleichen. Hinzu kommt noch, dass beide Methoden für sich betrachtet auch zu den besten auf dem Markt gehören. Die dreidimensionale Gesichtserkennung funktioniert extrem zuverlässig und entsperrt das Smartphone extrem schnell. Das funktioniert auch bei schlechten Lichtbedingungen und in allen Richtungen. Der optische Fingerabdrucksensor im Display gehört ebenfalls zu den besten auf dem Markt, da die Geschwindigkeit im Vergleich zum sehr schnellen P40 Pro noch weiter verbessert wurde. Außerdem ist er, anders als beim OnePlus 9 Pro, perfekt mit dem Daumen zu erreichen und entsperrt das Gerät äußerst zuverlässig.
Zusätzlich unterstützt das Huawei Mate 40 Pro natürlich die neusten Standards, wie eine IP68-Zertifizierung gegen das Eindringen von Wasser und Staub, einen USB-C 3.1 Anschluss für schnelle Übertragungsgeschwindigkeiten oder WiFi 6+. Auch in meinem Alltag war es so, dass teurere Smartphones von Huawei tatsächlich immer besseres Netz sowie Internetzugriff als vergleichbare Produkte aufweisen konnten.
Fazit
Abschließend kann ich sagen, dass mir das Huawei Mate 40 Pro sehr gut gefallen hat: Angefangen vom einzigartigen und hochwertigen Design, über die flüssige Performance bis hin zur Kamera und zu den Lautsprechern. Hier stimmt einfach nahezu alles. Umso trauriger ist es aber, dass Huawei keine Google-Dienste verwenden darf, weshalb das Mate 40 Pro leider kaum weiterzuempfehlen ist. Wer sich allerdings vorstellen kann, mit den erwähnten Einschränkungen auskommen zu können, der kann zwar durchaus zugreifen, sollte aber auch nicht die gleich teuren Smartphones der Konkurrenz aus den Augen verlieren.