BYD ATTO 3 im Test: Nettes Auto mit Luft nach oben bei der Software
Anfang des Jahres startet BYD hier in Europa durch. Ich konnte nun das Einsteiger-Modell, den BYD ATTO 3, testen.
Der Name BYD wird bei den meisten ein Fragezeichen hervorrufen. Das ist ein Konzern aus China, welcher seit Neuestem auch E-Autos fabriziert. Mein Kollege David Wurm konnte sich die drei ersten Modelle, den ATTO 3, den HAN und den TANG im Rahmen des Launch-Events im Januar bereits vorab anschauen. In diesem Testbericht soll sich alles jedoch um ersteres Fahrzeug, den BYD ATTO 3, drehen. Der Mini-SUV ist das preisgünstigste Modell aus der Reihe.
Wie sich dieser im Alltag schlägt, konnte ich für zwei Wochen herausfinden.
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tl;dr
Der BYD ATTO 3 ist ein gutes Auto für den Preispunkt. Das Aussehen ist außen nicht zu auffällig und dennoch modern und innen findet man einige außergewöhnliche, aber sehr schöne, Designelemente. Mit dem Fahrkomfort im normalen und Eco-Modus war ich sehr zufrieden und auch im Sportmodus ist es lustig, den ATTO 3 zu fahren.
Meine zwei Kritikpunkte sind die maximale Ladegeschwindigkeit von 88 Kilowatt und dass die Software und das Infotainment in manchen Punkten noch verbesserungswürdig sind. An dieser Stelle muss ich aber auch sagen, dass ich in meiner Testphase vier Updates erhielt, welche einige Punkte, welche ich ursprünglich einbringen wollte, bereits ausbügelten.
Einen Frunk hätte ich mir schon gewünscht, doch der geräumige Kofferraum macht das Fehlen zum Teil wieder wett.
Design
Beim BYD ATTO 3 handelt es sich um einen unauffälligen Kompakt-SUV. Erhältlich ist er in den Farben Skiing white, Climbing grey, Parkour red und Surfing blue, wobei mein Testfahrzeug die letztere Farbe hatte.
Vorn sieht man ein dezentes BYD-Logo und die LED-Scheinwerfer. Diese sind so hell, dass ich meistens gar kein Fernlicht in der Nacht einschalten musste. Ein Frunk ist im ATTO 3 nicht verbaut, doch trotzdem lässt sich die Motorhaube durch Ziehen eines Hebels auf der Fahrerseite öffnen. Bei einem Blick darunter verstehe ich nicht ganz, warum nicht zumindest ein kleiner Frunk integriert wurde. Ein wenig Platz dafür wäre allemal da. Dafür hat man im Kofferraum ausreichend Platz, um auch die Ladekabel aufzubewahren.
Wirft man von der linken Seite einen Blick auf das Auto, fällt der Knopf fürs schlüssellose Entriegeln des Autos auf dem Türgriff der Fahrertür auf. Dieser sperrt und entsperrt das Fahrzeug durch einfaches Drücken. Und ganz ehrlich, mir gefällt das besser als die Sensoren, die es dafür in anderen Autos gibt, da der Knopf um Welten zuverlässiger ist. Nun wäre nur noch schön gewesen, wenn es so etwas bei jeder Tür gibt. Das Muster hinter den Türen zur Rückbank ist optisch eine nette Ergänzung und kennen wir bereits etwa vom CUPRA Born.
Die Heckklappe lässt sich elektrisch bedienen. Rechts und links davon finden wir wieder je einen LED-Scheinwerfer und dazwischen ist der Schriftzug „Build Your Dreams“ (also der ausgeschriebene Name von BYD) zu sehen. Die Ästhetik davon ist Geschmacksache, mir hätte es fast besser gefallen, hätte man hier gleich wie vorn nur das kompakte BYD-Logo angebracht.
Innenraum
Im Innenraum gibt es sehr viele bemerkenswerte Designelemente, darunter etwa die Türgriffe samt einem Lautsprecher, die Ablagen in den Türen mit den Schnüren oder die markanten Lüftungsschlitze. Optisch ist das nicht jedermanns Sache, doch mir gefällt’s. Die Türgriffe sind übrigens nicht ganz so intuitiv in der Bedienung, denn fast niemand, den ich mit dem BYD ATTO 3 mitnahm, kapierte beim ersten Versuch, wie sich die Türen öffnen lassen.
Die Sitze sind elektronisch anpassbar und eher weich. Eine Massagefunktion ist nicht eingebaut.
Viele Funktionen, welche in einem KFZ üblicherweise vorhanden sind, lassen sich über Tasten in der Mittelkonsole steuern. Auch die Klimaanlage lässt sich zu einem geringen Grad darüber manipulieren, wobei sich ausführliche Einstellungen im Infotainment verstecken. Kritisieren muss ich die Positionierung und die Größe der Taste für die Alarmblinkanlage. Diese ist klein und könnte für meinen Geschmack weiter oben platziert sein, damit sie schneller erreichbar ist.
Das Ablagefach unter der Armlehne ist eher klein geraten, doch dafür gibt es eine größere, offene Staumöglichkeit unter der Mittelkonsole. Diese eignet sich perfekt für Dinge wie Brillenetuis oder Hausschlüssel. Dort sind auch ein USB-A- und USB-C-Port platziert – etwas schlecht erreichbar, wie ich finde.
Die Lautsprecher sind für mich ausreichend, jedoch auch nicht herausragend. Zudem fiel mir auf, dass die Lautstärke des Infotainments und die Lautstärke des Smartphones bei einer Bluetooth-Verbindung nicht gleich sind, was ziemlich störend sein kann.
Die zweite Reihe ist mit ähnlichen Sitzen wie die Vorderreihe ausgestattet. Drei Personen konnte ich problemlos mitnehmen, wenngleich es für diese in einem anderen, geräumigen Auto sicher komfortabler gewesen wäre. Über die Mittelkonsole haben die Passagiere Zugang zu Lüftungsschlitzen und USB-C-Anschlüssen.
Infotainment und Software
Was im Innenraum auch sofort ins Auge sticht, ist das große Display. Dieses kann sich je nach Präferenz sogar in eine vertikale Position drehen, wobei sich die Software sehr zuverlässig an die aktuelle Orientierung anpasst. Ein Nachteil bei der Größe des Displays ist, dass im horizontalen Zustand der Inhalt links unten durch das Lenkrad verdeckt wird.
Als Software lief während meines Tests Version 1.1 von BYDs eigenem OS, einer angepassten Variante von Android. Gleich vorab ein paar Worte dazu: Die Software hat noch einige Haken, besonders im Hinblick auf die Anpassung für den europäischen Markt. Dafür erhielt ich während meiner zweiwöchigen Probefahrt ganze vier Updates, welche einige Mankos bereits aus der Welt schafften. Zudem plant BYD einige größere Aktualisierungen für die Zukunft. Noch in diesem Quartal soll Deutsch als Sprache im Menü und für den Sprachassistent kommen. Und im nächsten Quartal soll die Software um die Ladeplanung bei Routenführungen ergänzt werden. Ich bin also zuversichtlich, dass wenn etwas noch nicht ganz rund läuft, es sicher mit einem Update behoben wird.
Viele Ansätze von BYDs Software gefielen mir sehr gut, wie zum Beispiel der aufgeräumte Homescreen, die großen Icons und Schriften für eine leichte Bedienung oder die Rückfahrkamera samt Vogelperspektive. Nicht so ordentlich sind dagegen die Einstellungen, denn dort gibt es viele Untermenüs, weshalb man zu Beginn ein wenig Zeit benötigt, bis man sich gut zurechtfindet.
Einer meiner Highlights ist die App für die Navigation. Sie bietet schöne Grafiken, eine aufgeräumte Oberfläche und auch eine grafische Prozentanzeige für den zurückgelegten Weg während einer Wegführung. Gerade auf längeren Fahrten mit Kinden, wo gerne einmal die beliebte Frage „Wie weit fahren wir noch?“ kommt, kann diese sehr hilfreich sein. Einmal passierte es mir dafür, dass mich die Navigation auf eine für reguläre KFZs verbotene Busspur leiten wollte. Auf Vertrauen fahren, wie es mit Google Maps etwa möglich wären, würde hier also nicht immer gut gehen. Hier muss man aber auch dazu sagen, dass die Kartendaten von HERE stammen.
CarPlay ist auch mit dabei, allerdings nur kabelgebunden und mit einigen Bugs. So funktionierte meine Podcast-App PocketCasts nicht richtig, die Gegenseite bei einem Telefonat war gelegentlich nicht hörbar und das der Porträt-Modus des Infotainment-Bildschirms wird aktuell noch gar nicht unterstützt. Doch auch für dieses Fehlverhalten ist eine Problembehebung in Arbeit.
Das Display vor dem Fahrer ist eher klein und zeigt die wichtigsten Informationen auf einem Blick. Ich hätte mir hier noch gewünscht, dass auch das nächste Manöver einer Navigation ersichtlich ist.
Fahrgefühl
Der BYD ATTO 3 hat einen Frontantrieb mit einer Leistung von 150 Kilowatt, was umgerechnet zirka 204 PS gleich kommt. Die Beschleunigung von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde soll in 7,3 Sekunden erfolgen, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 160 Kilometer pro Stunde und der CW-Wert ist bei 0,29 angesetzt.
Das Auto bietet einem drei verschiedene Fahrmodi: Eco, Normal und Sport. Im Eco-Modus ist die Beschleunigung eingeschränkt und die Lenkung schwergängiger, während mit der normalen Einstellung das Lenken etwas leichter geht. Der Unterschied zwischen Normal und Sport ist, dass die Beschleunigung aufs Maximum hochgeregelt wird.
Und das macht dann einen ordentlichen Unterschied. Im Eco- und Normal-Modus liegt der ATTO angenehm und ruhig auf den Straßen und im Sportmodus wird er dann zum Biest, was trotz „nur“ 204 PS sehr viel Spaß macht. Die Bremse ist angenehmer und weicher, als ich es von anderen Autos gewohnt bin, bringt den Wagen aber doch zügig zum Stillstand. Die Rekuperation lässt sich über zwei verschiedene Stärken regeln. Der Effekt davon ist aber eher nur marginal, also man benötigt fast immer noch die normale Bremse.
Verschiedenste Assistenzsysteme sind selbstverständlich auch integriert. Die folgenden kamen während meinen Fahrten öfter einmal zum Einsatz:
- Adaptiver Tempomat: Dieser hält die eingestellte Geschwindigkeit gut und bremst sanft, wenn man sich etwa einem langsamer fahrenden Auto nähert. Bei unvorhersehbaren Ereignissen, wie zum Beispiel beim plötzlichen Spurwechsel eines anderen Fahrzeuges auf der Autobahn, ist er jedoch noch ein wenig schreckhaft. Das soll jedoch mit einer zukünftigen Aktualisierung behoben werden.
- Automatischer Lenkassistent: Ist dieser aktiviert, kann der ATTO 3 von selbst die Spur halten. Auf der Autobahn klappte das ganz zufriedenstellend, in der Stadt oder auf Freilandstraßen war das Erlebnis damit aber eher noch holprig. Andere Autos sind hier jedoch auch nicht wirklich besser, da kann man also noch einmal ein Auge zudrücken.
- Spurhalteassistent: Von diesem bekommt man kleine Warnungen, wenn man droht, aus der Spur zu fahren. Die Umsetzung von BYD gefiel mir besser als die von der Konkurrenz, da das Lenkrad nur leicht wackelt anstatt zu vibrieren oder sofort gegenzulenken.
- Anzeige der Richtgeschwindigkeit: Die Anzeige der erlaubten Geschwindigkeit hatte für mich keinen Mehrwert, da sie sehr oft nicht akkurat war. Einmal wurde zum Beispiel eine 100-Kilometer-pro-Stunde-Beschränkung pro Stunde angegeben, obwohl diese erst in zirka 200 Meter begonnen hätte. Mit dem vorher erwähnten Update für den Tempomat soll dafür aber auch dieses Problem aus der Welt geschafft werden. Auf dem Navi sind die Werte dafür öfters richtig, hier stammen die Angaben auch vom Kartendatenanbieter HERE.
Reichweite und Laden
Der Akku des ATTO 3 fasst 60,48 Kilowattstunden und bringt 420 Kilogramm auf die Waage. Es handelt sich dabei um die sogenannte BYD Blade Battery, welche eine der sichersten und widerstandsfähigsten Batterien überhaupt sein soll. Die Reichweite beträgt laut Hersteller 565 Kilometer in der Stadt und 420 Kilometer kombiniert. Verbrauchen soll das Auto lediglich 15,6 Kilowattstunden pro 100 Kilometer beim Fahren durch die Stadt und über die Autobahn. Bei reinen Stadtfahrten soll der Verbrauch sogar auf 12 Kilowattstunden pro 100 Kilometer sinken. Mit den Ladezeiten sieht es wie folgt aus:
- 11 Kilowatt: 6 Stunden und 30 Minuten
- 88 Kilowatt (Maximum): 80 Minuten (0 auf 100 Prozent), 44 Minuten (10 auf 80 Prozent), 29 Minuten (30 auf 80 Prozent)
Aufladen mit zumindest 150 Kilowatt wäre schon nett gewesen, da die Konkurrenz in der Preisklasse teils sogar schon mehr bietet. Dadurch, dass die Ladezeiten aber nicht wirklich höher sind, ist das noch in Ordnung.
In meinem Test kam ich mit einer vollen Ladung und einem Mix aus kurvigen Bergstraßen, Landstraßen, Autobahnen und Fahren in Graz hochgerechnet ungefähr 300 Kilometer weit. Klar, den 420 Kilometern entspricht das nicht, doch da das die WLTP-Angabe ist, bin ich mit meinem Ergebnis ganz zufrieden. Der Verbrauch lag immer ein wenig über dem Versprechen, doch nie wirklich viel. Nicht zufrieden war ich mit der Anzeige der Restreichweite, denn diese schummelte immer. Mit 100 Prozent im Akku stehen nämlich immer die 420 Kilometer da, doch dann ging es immer schnell bergab. Andere Hersteller sind hier deutlich ehrlicher, auch wenn die Vorhersagen unter den Angaben liegen.
Die maximale Ladegeschwindigkeit von 88 Kilowatt konnte ich bei entsprechenden Ladesäulen immer erreichen. Diese konnte bei fast leerem Akku immer recht lange gehalten werden (meist so bis 45 Prozent). Insgesamt kam ich in einer halben Stunde von 10 auf 64 Prozent, womit die Herstellerangabe von 10 auf 80 Prozent in 44 Minuten auf jeden Fall realistisch ist.
BYD ATTO 3: Preise
Die Basiskonfiguration des BYD ATTO 3 startet preislich bei 42.600 Euro. Da sind bereits 2.400 Euro E-Mobilitätsbonus (Herstelleranteil), die Umsatzsteuer und ein Österreichpaket (unter anderem mit Unterbodenversiegelung) eingerechnet.
Wir bedanken uns für die Bereitstellung des BYD ATTO 3!