Aiways U6 im Test: Neues Design, alte Fehler
Nach der Fünf kommt die Sechs, das dachte sich auch Aiways, als sie im November 2022 den U6 vorstellten. Ja, ab und zu kann es so einfach sein. Eine kleine Änderung im Namen, die das Design aber durchaus verändert hat. Was genau anders ist und was sich leider nicht verbessert hat, erfahrt ihr im folgenden Bericht.
Vor etwas über einem Jahr durften wir den U5 testen und sind damit über 1.000 Kilometer gefahren. Nun hatten wir auch den U6 im Test und berichten euch gerne über das neue Auto von Aiways.
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tl;dr: Mit besserer Software durchaus gut
Aiways hatte über 2 Jahre um alte Fehler auszumerzen, das wurde eher semi gut gemacht. Wir haben jetzt zwar Apple CarPlay und Android Auto in einer beträchtlichen Größe, DAB+ läuft aber momentan nur mäßig. Die Stärken vom Aiways liegen definitiv im Design. Der Innenraum war sehr interessant und abseits Einflüsse anderer Marken gestaltet. Der SUV-Coupè hat ein markantes Auftreten mit sportlichen Elementen und auch die Beleuchtung unterstreicht ein sportliches Design. Als Familienauto taugt der, auch im Fond Platz bietende, U6 allemal.
Allgemein kann man wie schon bei dem U5 sagen: Wer auf eine ruckelfreie Software verzichten kann, dem ist der U6 ein treuer und gutaussehender Begleiter im Alltag.
Design: Modern mit schönen Details
Die einen werden ihn lieben, die anderen hassen. Der U6 spaltete die Meinungen, die ich zu den Wagen bekommen habe, wie nur wenige andere. Ich persönlich mag seine Größe mit 4,81 Meter mal 1,88 Meter mal 1,64 Meter (Länge mal Breite mal Höhe). Die Designsprache des Aiways ist im Ganzen recht dynamisch. Dazu tragen die Coupè-Form, die sportlichen Akzente an Front- und Heckstoßstange und das über die komplette Breite gehende Rücklicht ihren Teil bei. Die 20-Zoll-Felgen im Flowing Mirror-Design und das Dach, das fast nur aus Glas besteht, rundet das stilvolle Design ab. Die Scheinwerfer haben eine sehr gute Fernlichtautomatik, das wurde auf jeden Fall verbessert.
Innenraum: Viel Neues hält Einzug
Angefangen bei dem one-of-a-kind Gangwahlhebel. Wir haben nun ein Cockpit ähnlichen Aufbau, bei dem man den Mittelteil dann einfach in die gewünschte Richtung dreht. Das ist mal etwas Neues, was aber auch tadellos und bequem funktioniert. Der Gangwahlhebel zeigt in Richtung des Displays vom ebenfalls komplett neuen Infotainment, dazu später mehr.
Unter dem Display findet sich eine Ladeschale, die das Handy auch bei sportlicher Fahrweise in Position hält. Die Sitze mit Memory-Funktion sind in der Grundkonstruktion gleich zum U5 und auch bequem, haben jedoch ein deutlich auffälligeres Design. Was ich hinterfrage, ist den Komfortaus- und einstieg. Dieser fährt im Falle nach ganz hinten, aber auch nach ganz unten. Ich fände es komfortabler, wenn der Sitz nach oben fahren würde, grade für ältere Personen. Die Verarbeitungsqualität der Materialien ist im Innenraum aber durchweg gut.
Der Kofferraum lässt sich mit dem Fuß öffnen, jedoch nicht schließen. Wir haben ein Kofferraumvolumen von 472 Litern, beziehungsweise 1.260 Litern bei umgeklappter Rücksitzbank. Einen Frunk gibt es leider nicht. Der U6 bietet außerdem eine schöne Ambientebeleuchtung mit anpassbaren Farben und Soundaktivierung. Auch blinken die Türen rot, wenn man diese öffnet, um den rückwärtigen Verkehr zu warnen. Zum Thema Warnen: Der Warnblinker sitzt als kleiner Knopf im Bedienelement am Dachhimmel zwischen Service- und SOS-Button. Meiner Meinung nach, sollte bei so einer wichtigen Einheit, nicht auf Minimalismus gesetzt werden.
Infotainmentsystem: Größer, aber auch gefühlt langsamer als bei dem U5
Der 14.6-Zoll-LCD-Touchscreen hat nun Tesla-like eine Live-Auskunft zum (fahrenden) Auto und dessen Assistenzsystemen an der Seite. Hier kann man auch die Ladeklappe öffnen, die Batterie fürs Laden vorheizen oder Klimaeinstellungen vornehmen. Letzteres funktionierte mal besser und mal schlechter. Dafür funktioniert aber neuerdings Android Auto (kabellos) und Apple CarPlay (kabelgebunden) und das in sehr großer Darstellung und flüssig. Insgesamt kann man aber sagen, dass gerade, wenn man über 60 fährt, das Infotainment überfordert ist und anfängt sehr stark zu ruckeln. Hier besteht nach wie vor Handlungsbedarf. Einen Tag ließen sich die Kameras sogar gänzlich nicht aktivieren.
Ebenfalls fragwürdig sind die vielen verschiedenen Sicherheitsmeldungen. Hier reicht auch zum Beispiel schon ein kurzes Gähnen und der Wagen schlägt Alarm. Problematisch dabei ist, dass er nach jeder Meldung das Radio wieder auf den ersten Sender umstellt. Gut funktioniert aber die Handy- oder Ablenkmeldung. Alle nicht vom Gesetz vorgeschriebenen Sicherheitsmeldungen sind natürlich abschaltbar, glücklicherweise auch einmal für immer und nicht nur bis zum nächsten Start. Das neue minimalistische Fahrerdisplay funktioniert hingegen sehr flüssig und schmiegt sich sehr gut in das Armaturenbrett ein. Das Soundsystem kommt von Magnat. Es ist durchschnittlich gut, es fehlt lediglich an Tiefe.
Fahreindruck: Sauber auf der Straße für die Größe
Mit dem U6 braucht man nicht so zimperlich sein, wie man es vielleicht zunächst für ein Auto dieser Größe annehmen könnte. Kurven schluckt das Fahrwerk sehr gut und auch die Beschleunigung von 7,0 Sekunden auf 100 km/h ist dank der 218 PS ausreichend. Die Höchstgeschwindigkeit ist allerdings auf 160 km/h begrenzt. Beim Rückwärtsfahren schaltet sich die 360 Grad Kamera ein, welche eine ausreichend gute Qualität hat. Dabei gibt es höchstens zu bemängeln, dass sobald man wieder in den Vorwärtsgang schaltet, die Kameras ausgehen. Wenn man sich aber grade irgendwo rausmanövrieren möchte, ist dies doch recht nervig.
Lobend erwähnen möchte ich hingegen den Querverkehrswarner und die „Matrix-„Scheinwerfer, die sehr gut andere Verkehrsteilnehmer ausblenden. Die Einparkautomatik konnten wir leider nicht testen, da diese für Deutschland noch nicht freigeschaltet ist.
Laden und Reichweite: Sparsam im Verbrauch und in der Ladeleistung?
In unserem Test kamen wir nach Fahrt über Autobahn, Außer- und Innerorts auf einen Durchschnittsverbrauch von 17,8 kWh/100 Kilometer. Das ist zwar über den angegebenen 16 kWh, für ein Auto dieser Größe aber durchaus in Ordnung. Dem entgegen steht die etwas geringe Ladeleistung von 90 kW im Peak, die auch nur erreicht wird, wenn über 20 Prozent Batterieladestand bereits vorhanden ist. Davor und nach 80 Prozent sind es um die 50 kW. Bei 17,8 kWh auf 100 Kilometern und einem Akku von 63 kWh kommen wir rechnerisch auf aufgerundet 354 Kilometern Reichweite, das kommt auch in der Realität hin.
Danke an Aiways Deutschland für die Bereitstellung des U6 für diesen Testbericht.