Der Aptera: Das Elektroauto, das nie geladen werden muss
Solarzellen auf das Dach eines Autos legen und direkt mit der Kraft der Sonne fahren – es könnte so einfach sein. Das Startup Aptera Motors aus Kalifornien hat genau dieses Ziel vor Augen. Nach jahrelanger Entwicklung stand letzte Woche das erste „Production Intent Vehicle“ auf der CES in Las Vegas zur Schau. Die ersten Auslieferungen an Kunden könnten in diesem Jahr erfolgen, die Vorbestellungen sind längst fünfstellig.
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Aptera im Wandel der Zeit
Erster Versuch und Insolvenz
Zwanzig Jahre ist es her, dass Steve Fambro und Chris Anthony, zwei sympathische, ehrgeizige Ingenieure, im sonnigen Kalifornien die Firma Aptera Motors gründeten. Die Idee: Ein hocheffizientes Fahrzeug mit einer Reichweite von 330 Meilen pro US-Gallone zu bauen, umgerechnet etwa 0,7 Liter Sprit auf 100 km. Diesen wirklich unglaublich geringen Spritverbrauch wollte Aptera zunächst mit einem ultraleichten und aerodynamischen Fahrzeug ermöglichen, das über einen seriellen Hybridantrieb verfügt.
Als Aptera begann, gegen eine Anzahlung von 500 Dollar Vorbestellungen entgegenzunehmen, war der Zuspruch durchaus bemerkenswert. Laut eigenen Angaben entschieden sich etwa 4.000 Interessenten für eine Reservierung des raumschiffartigen, revolutionären Fahrzeugs. Doch es kam anders als geplant: Im Jahr 2011 musste Aptera Insolvenz anmelden. Der Traum war geplatzt.
Neugründung und neue Hoffnung
Im Jahr 2019 kam plötzlich wieder Bewegung in den Namen Aptera. Anthony und Fambro entschieden sich, die Firma Aptera neu zu gründen und einen zweiten Versuch zu starten. Dabei kamen ihnen die technischen Entwicklungen der vergangenen Jahre durchaus zugute: Batterien mit höherer Energiedichte und leistungsfähigere Solarzellen waren maßgeblich für neue Zielsetzungen des Startups. Ein Hybridantrieb wurde nicht mehr bedacht, stattdessen wurde sich für einen reinen Elektroantrieb mit Batterie entschieden, der in punkto Effizienz einen Hybrid nochmal übertrifft. Zusätzlich sollten auf dem gesamten Fahrzeug verteilte Solarzellen für mehr Reichweite sorgen.
Maximale Effizienz als Ziel
Das Ziel von Anthony und Fambro leuchtet schnell ein: Ein möglichst effizientes, umweltfreundliches und günstiges Auto bauen. In einem 2021 veröffentlichten Video bringt es Fambro präzise auf den Punkt:
It’s a shame, that today’s transportation industry is so inefficient. You put gasoline in a vehicle, you burn it, and you get only about 25 % of the energy out of that gasoline. The rest is just up in smoke – literally.
Es ist eine Schande, dass die heutige Transportindustrie so ineffizient ist. Man füllt Benzin in ein Fahrzeug, verbrennt es und bekommt gerade einmal 25 % der Energie aus dem Kraftstoff. Der Rest ist im wahrsten Sinne des Wortes heiße Luft.
Dass Elektroautos hinsichtlich Effizienz neue Maßstäbe setzen, ist schon bei Veröffentlichung des Videos kein Geheimnis mehr. Doch Aptera will, wie damals bei ihrem ersten Versuch, das Maximum an Effizienz erreichen. Und tatsächlich schaffen sie es ersten Zahlen zufolge populäre Effizienzkünstler wie das Tesla Model 3 weit zu übertreffen.
Hohe Effizienz löst viele Probleme
Was sind aus allgemeiner Sicht die Probleme von Elektroautos? Zu wenig Reichweite, zu lange Ladestopps. Diese Probleme kann man entweder lösen, indem man die Batterie vergrößert und die Ladeleistung erhöht, das verursacht aber ein weiteres Problem: Steigende Kosten. Bei Aptera hat man sich für den Gegenpol entschieden: Die Effizienz maximieren. Verbraucht ein Elektroauto weniger Energie, muss auch die Batterie nicht übermäßig groß sein, um eine hohe Reichweite zu schaffen.
Ebenso verhält es sich mit der Ladegeschwindigkeit: Verbraucht ein Fahrzeug zum Beispiel nur die Hälfte an Energie für 100 Kilometer, reicht auch nur die Hälfte der Ladeleistung aus, um in der gleichen Zeit die gleiche äquivalente Reichweite nachzuladen. Dies resultiert in enormen Kosteneinsparungen: Keine große und teure Batterie, kein aufwändiges Kühlsystem für Schnellladungen mit hohen Leistungen und kein großes AC-Ladegerät für schnelles Laden an der heimischen Wallbox. Nicht zuletzt spart natürlich auch der Endkunde einiges an Stromkosten mit seinem Aptera.
Physik als strikte Vorgabe
Wie lässt sich also die Effizienz maximieren? Indem man sich strikt an die Physik hält. Das bedeutet konkret: Minimierung der Fahrwiderstände. Da wäre zum einen der Luftwiderstand. Dieser steigt mit steigender Geschwindigkeit im Quadrat an, macht also insbesondere bei schnellerer Fahrt einen sehr hohen Anteil des gesamten Fahrwiderstandes aus. Da der Aptera nicht nur für die Stadt gebaut ist, wo keine sehr hohen Geschwindigkeiten gefahren werden, sondern auch für längere Strecken mit Autobahntempo, muss der Luftwiderstand unbedingt klein gehalten werden. Das schafft Aptera einerseits, indem sie das Chassis möglichst windschnittig halten, was mit dem cW-Wert bemessen wird. Ein guter cW-Wert liegt allgemein zwischen 0,2 und 0,25, Aptera erreicht hier 0,13. Ebenso wichtig ist die Stirnfläche des Fahrzeugs, die anhand der geringen Fahrzeuggröße des Aptera ebenfalls sehr gering ausfällt und für einen geringen Luftwiderstand sorgt.
Die übrigen Fahrwiderstände sind der Rollwiderstand, der Steigungswiderstand und der Beschleunigungswiderstand. In all diese Widerstände spielt das Gewicht des Fahrzeugs mit ein, welches dahingehend unbedingt minimiert werden muss. Das lässt sich hauptsächlich durch die Anwendung einer leichten Karbonfaser-Karosserie und durch eine möglichst kleine Hochvoltbatterie schaffen. Klingt komisch – aber hier hilft uns tatsächlich die Effizienz selbst, eine höhere Effizienz zu erreichen. Denn mit höherer Effizienz ist es möglich, die Batterie zu verkleinern, was wiederum erheblich Gewicht spart und somit wiederum die Effizienz erhöht. Eine Win-Win-Situation.
Wie sinnvoll sind Solarzellen auf dem Dach eines Autos?
Grundsätzlich stößt man hier leider relativ schnell an die Grenzen der Physik. Der Platz auf dem Dach eines PKW ist einfach zu klein, um so viele Solarzellen für einen komplett autarken Betrieb des Fahrzeugs unterbringen zu können. Allerdings kann man auch hier durch Maximierung der Effizienz Grenzen verschieben. Genau wie beim Beispiel der Ladeleistung, die bei einem doppelt so effizienten Auto nur halb so groß sein muss, verhält es sich bei den Solarzellen. Verbraucht ein Auto mit Solarzellen nur halb so viel Energie wie ein anderes, welches genau so viele Solarzellen hat, bringen die Solarzellen beim ersten Auto im Vergleich doppelt so viel Reichweite. Effizienz siegt.
Beeindruckendes Ergebnis
Nach viel Rechnerei mit der Effizienz im Fokus bleibt schließlich der Aptera als Ergebnis. Ein leichtes, dreirädriges Auto mit der Optik eines Raumschiffs und mit Zahlen, bei denen man zweimal nachfragen muss. Mit der größten Batterie erreicht Aptera eine unglaubliche Reichweite von 1.600 km. Die Solarzellen auf dem Dach und auf dem Dashboard des Fahrzeugs sollen bis zu 40 Meilen Reichweite pro Tag liefern können. Bei einer durchschnittlichen Fahrstrecke eines Menschen pro Tag von gerade einmal 25 Meilen müsste man zumindest in der Theorie den Aptera tatsächlich nie nachladen.
Trotz Effizienz ein Auto mit Fahrspaß
Jetzt könnte man denken, dass dieses Auto nur für Energiesparfüchse geeignet ist, die mit zugenähten Taschen durchs Leben gehen. Doch weit gefehlt. Da Elektromotoren auch mit etwas mehr Leistung kaum Effizienzeinbußen haben, hat Aptera entschieden, auch ein bisschen was für den Fahrspaß zu tun. Die stärkere Variante des Aptera verfügt über einen Allradantrieb, der das Fahrzeug in unter vier Sekunden auf Tempo 60 Meilen beschleunigen soll. Damit kann man mal eben den neuesten Porsche Carrera an der Ampel stehen lassen. Apropos Porsche Carrera: Dieser verbraucht laut Herstellerangabe mindestens 10,1 Liter Sprit auf 100 km, also 85,85 kWh. Das ist in etwa das vierzehnfache des Energieverbrauchs des Aptera.
Das Interieur des Aptera als Pferdefuß
Das wesentliche Problem an der hocheffizienten Fahrzeugform wird im Innenraum des Aptera sichtbar. Hier fällt schnell auf, dass der Aptera nur über zwei Sitzplätze verfügt. Für eine zweite Sitzreihe ist aufgrund der aerodynamischen Form, bei der zwangsläufig Dach und Boden nach hinten raus immer weiter zusammenlaufen müssen, kein Platz. Stattdessen findet sich ein relativ großer, flacher Stauraum im Heck des Fahrzeugs. Ein „familientaugliches“ Fahrzeug ist der Aptera somit leider nicht.
Dennoch gibt es sicher nicht wenige Personengruppen, für die ein Fahrzeug mit zwei Sitzen ausreicht und die dafür von der enormen Effizienz des Aptera profitieren können. Tatsächlich ist es wohl kaum möglich, diese noch zu unterbieten – dafür muss man schon Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen.
Der Aptera ist nach wie vor gegen eine Gebühr von 100 US-Dollar bestellbar. Die Launch-Edition soll einen Preis von 40.000 $ haben, in Zukunft ist auch eine Version mit kleinerem Akku für nur 28.000 $ geplant. Ob der Aptera auch den Weg nach Europa finden wird, ist unklar.
Vor mehr als 30 Jahren hatte ich schon eine ähnlich revolutionäre Mobilitätsidee, nämlich ein energie-autarkes multi-funktionales Solar(Stadt-)Mobil zu bauen, basierend auf einem ehemaligen Serienfahrzeug (seit 50 Jahren nicht mehr gebaut), nämlich ein VW Typ 147, der seiner Zeit weit voraus war: ein leichter Kombi, kürzer als ein VW-Käfer, beliebt auch als Wohnmobil, mit viel Platz für Akkus und ca. 10 qm Solarpanels, also eine „eierlegende Wollmilchsau“!
Seinerzeit hielten mich alle großen deutschen Autohersteller, denen ich mein Konzept auf diversen Elektromobilität-Konferenzen vorgestellt hatte, für einen Spinner und meine Idee für nicht umsetzbar.
Das Auto besitze ich übrigens noch heute, leider ohne die erwähnten Umbauten, dafür aber original.