VW ID.7 im Test: Ein elektrischer Ersatz für den Passat?
Der VW ID.7 ist das neueste Modell in der ID-Reihe. In diesem Test erkläre ich, warum ich finde, dass er ein würdiger Ersatz für den Passat ist und wie er sich generell im Alltag schlug.
tl;dr: Der ID.7 bringt viel mit, was den Passat ausmacht. Dazu gehören das ziemlich ähnliche Aussehen, die kaum unterschiedlichen Dimensionen und das Platzangebot. Die Reichweite ist oft eine Sache, welche Besitzer eines Verbrenners vom Wechsel abhält, doch auch hier konnte mich das Fahrzeug überzeugen. Außerdem ist das allgemeine Fahrgefühl fast identisch zum Passat. Ferner gefielen mir der simple, aber gut durchdachte, Innenraum, die schnelle Ladegeschwindigkeit, die Sparsamkeit und der Wendekreis.
Kritisieren muss ich mitunter, dass die Rückfahrkamera mit schwenkendem Blickwinkel zu Beginn ungewohnt ist, die Funktionsweise der Fensterheber umständlich ist, die Übersicht über das Fahrzeug etwas eingeschränkt ist und es bei der Stabilität des Infotainments noch immer ein wenig Luft nach oben gibt.
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Design
Wie eingangs schon erwähnt, haben der Passat und der ID.7 viele optische Gemeinsamkeiten. Zu den signifikanteren Unterschieden zählen die Front ohne Kühlergrill, die bündig mit der Tür abschließenden Griffe und das Fließheck-Design. Letzterer Punkt fällt aber auch weg, wenn man die Tourer-Variante für den Vergleich heranzieht.
Der ID.7 ist 1,534 Meter hoch, 1,862 Meter breit und 4,961 Meter lang, während der Radstand 2,971 Meter beträgt. Auch hier gibt es gar nicht einmal so große Abweichungen zum aktuellen Passat. Der cw-Wert liegt bei 0,23. Mein Testwagen hatte die Farbe Aquamarinblau mit schwarzem Dach. VW bietet dann noch eine weiße, zwei verschiedene graue und eine schwarze Farboption ohne Aufschlag auf den Grundpreis an. Das Dach ist dabei immer schwarz.
Die Türgriffe schließen wie bereits erwähnt bündig mit dem Rest der Tür ab, was die Aerodynamik des Autos unterstützt. Anders als bei BMW lassen sie sich jedoch nicht herausziehen. Stattdessen befindet sich hinter dem Griff ein Knopf, den man zum Öffnen drückt, ähnlich wie bei der Kofferraumklappe.
Der Ladeanschluss befindet sich auf der rechten Seite. Der Deckel öffnet sich beim ID.7 anders als bei anderen ID-Modellen nach oben, ist jedoch trotzdem nicht motorisiert, wie ich es im ersten Moment vermutete.
Hinten verbaute VW wieder einen Leuchtstreifen, welcher sich über die gesamte Breite des Fahrzeuges erstreckt. Was man nicht sofort sieht, ist die Kamera. Die Besonderheit von dieser ist, dass sie sich mit dem Lenkeinschlag schwenkt. Beim Retourfahren fand ich das eher verwirrend, wobei ich auch glaube, dass ich mich mit etwas mehr Zeit besser daran gewöhnt hätte. Die Kamera vorn hat diesen Trick auch drauf und da gefiel mir die Funktion besser – gerade beim Manövrieren aus und in engere Parklücken. Bei beiden Kameras ist die Bildqualität nicht die beste, aber ausreichend. Die Vogelperspektive, welche immer zusätzlich eingeblendet wird, ist dagegen um einiges schärfer.
Und wo wir schon beim Thema Parken sind: Bei den Abstandssensoren ließ sich VW auch etwas Tolles einfallen lassen. Wenn man nah an einem Gegenstand seitlich vorbeifährt und man nicht so lenkt, dass sich der Abstand zu diesem verändert, erlischt der Warnton. So etwas hätte ich mir damals beim Volvo XC40 Recharge auch gewünscht.
Generell war ich sehr froh um die Kameras, denn gerade den Bereich vor der Motorhaube konnte ich kaum einsehen. Auch fürs Zurückschieben braucht man die Kameras unbedingt, da die Heckscheibe wieder recht hoch ist.
Innenraum
Dadurch, dass ich schon mit dem CUPRA Born und dem Škoda Enqay Coupé fahren konnte, fand ich mich am Fahrersitz recht schnell zurecht. Die Lichtsteuerung, die Fensterheber, die Gangwahl und die Inbetriebnahme funktionieren nämlich komplett gleich. Fürs Bedienen der Fenster gibt es wieder nur zwei Hebel und einen Button, über den man die Reihe, deren Fenster man bedienen möchte, auswählen kann. Der Nachteil hierbei ist, dass man das beim Fahren nicht blind machen kann, da der Knopf zum Wechseln der Reihe keine Textur hat.
Gerade beim Enyaq musste ich bemängeln, dass man während der Fahrt nicht auf alle wichtigen Elemente freie Sicht hat. Dieses Problem gibt es beim ID.7 überhaupt nicht. Man hat einen direkten Blick auf die Lichtsteuerung und es gibt auch keine Hebel, welche vom Lenkrad verdeckt werden. Einen großen Pluspunkt gibt es von mir auch dafür, dass das Infotainment-Display so tief platziert wurde, dass ich mit meiner Größe noch die gesamte Motorhaube überblicken konnte.
Die Sitze sind beheizbar, kühlbar und flexibel verstellbar, wobei sich zwei Sitzpositionen einspeichern lassen. Zudem fahren sie fürs leichtere Ein- und Aussteigen zurück und es gibt einen automatischen Gurtstraffer. Eine Massagefunktion ist auch integriert, welche für mich persönlich eher nur ablenkend war. Meine Partnerin mit gelegentlichen Rückenproblemen freute sich ursprünglich darüber, meinte aber schließlich, dass ihr diese zu schwach sei.
Ablagen gibt es im VW ID.7 zur Genüge. Die Mittelkonsole hat zwei Ebenen, wobei die obere verschließbar ist und einen Getränkehalter hat. Dieser ist ausreichend groß und lässt sich auch ausbauen. Eine Qi-Ladefläche fürs Smartphone ist auch vorhanden, welche mein iPhone 15 Pro Max mit etwa fünf Prozent in einer halben Stunde laden konnte. Nach einem Ladevorgang war das iPhone dafür immer für zwei bis drei Minuten aufgrund der Wärmeentwicklung, die beim kabellosen Laden entstand, unbrauchbar. Ein Fach unter der Armlehne gibt es ebenfalls, welches sehr tief ist und eine kleinere und ebenfalls ausbaubare Ablage auf halber Höhe beinhaltet. Des Weiteren gibt es geräumige Fächer in den Türen.
Das Lenkrad sieht grundsätzlich aus wie in anderen VW-Modellen und hat eine angenehme Form. Knöpfe gibt es keine, stattdessen kommt das Lenkrad mit berührungsempfindlichen Flächen mit Vibrationsfeedback. In meinem Test waren diese sehr zuverlässig und Fehleingaben gab es nie. Lediglich beim Beschleunigen mit dem Tempomat sprang die Geschwindigkeit öfter einmal wieder um einen Schritt zurück, was ich aber eher auf einen Softwarefehler zurückführe.
Buttons gibt es im ID.7 so gut wie gar keine. Lediglich die Leuchten und die Alarmblinkanlage lassen sich noch normal bedienen, alles andere lässt sich nur über das Infotainment konfigurieren.
Rückbank und Kofferraum
Die Rückbank hat ebenfalls eine Sitzheizung und ist mit zwei USB-C-Anschlüssen zum Laden von Smartphones oder anderen Gadgets ausgestattet. Die Beinfreiheit für die Passagiere hinten ist sehr großzügig – der ID.7 fühlt sich selbst mit vier Personen an Bord nicht überfüllt an.
Der Kofferraum fasst im Grundzustand 532 Liter und 1.589 Liter mit umgeklappter Rückbank. Das ist so groß, dass ich mein Rennrad mit einem 28-Zoll-Laufrad und einer Rahmenhöhe von 53 Zentimeter problemlos mit umgeklappter Rückbank unterbringen konnte. Einem längeren Urlaub steht mit dem Füllvolumen auch nichts im Wege. Es gibt außerdem noch einen Stauraum fürs Ladegerät, einen Frunk verbaute VW nicht.
Infotainment
Das Infotainment-Display ist kaum zu übersehen. Trotz der großen Bildschirmfläche konnte ich es in allen Ecken ohne Schwierigkeiten bedienen.
Auf dem Touchscreen läuft die ID. Software in der Version 4.0.0, welche zudem Apple CarPlay oder Android Auto kabellos und kabelgebunden unterstützt. Die Bedienung vom gesamten System ist durch die großen Elemente auf der Benutzeroberfläche ziemlich einfach. Da macht es auch fast nichts mehr, dass alle anderen physischen Knöpfe eliminiert wurden. Zudem ist das User Interface viel einfacher verständlich als beim Škoda Enyaq. Dort gefiel mir mitunter nicht, dass es in der Ansicht für die Assistenzsysteme nur Icons gibt und man während der Fahrt raten muss, was diese bedeuten. Das gibt es beim ID.7 nicht. Ruckler beim Bedienen erlebt man nur selten, hauptsächlich bei schnellen Eingaben hintereinander oder beim Verkleinern der Ansicht in der Karten-App.
Musik kommt aus mit Harman/Kardon abgestimmten Lautsprechern. Diese gehören eindeutig zu den besten, welche man in einem Auto aktuell bekommen kann. Lediglich die „Bowers & Wilkins“-Anlage in BMWs gefällt mir noch eine Spur besser, da sie ein wenig mehr Wumms hat.
Das Fahrerinfo-Display ist dagegen wenig spektakulär. Es verfließt unauffällig mit dem Rest des Innenraums und zeigt nur die wichtigsten Infos zur Fahrt. Das Head-Up-Display zeigt fast dieselbe Auswahl an Daten noch einmal an. Informationen zur Musikwiedergabe wie bei Kia, Hyundai oder BMW sieht man nicht.
Fahrerlebnis
Der VW ID.7 hat einen Heckantrieb mit einer Leistung von 210 Kilowatt (286 PS) und fährt maximal 180 Kilometer pro Stunde.
Fahrmodi gibt es drei an der Zahl, nämlich Sport, Comfort und Eco. Comfort ist der Standard und bringt eine spritzige Beschleunigung und eine weiche Lenkung mit sich. Eco ist dagegen der sparsamste Modus und schränkt die Klimaanlage, die Beschleunigung sowie die maximale Geschwindigkeit ein. Das mag sich jetzt etwas radikal anhören, ist es aber nicht. Ich probierte den Modus auf einer längeren Strecke aus und hatte es trotzdem schön kühl im Auto und bekam keine grauen Haare bei Beschleunigungsversuchen. Der Sport-Modus aktiviert eine schnellere Beschleunigung und eine griffigere Lenkung. Einzelne Parameter lassen sich im Individual-Modus flexibel verstellen.
Mir machte das Fahren mit dem ID.7 sehr viel Spaß. Die Beschleunigung bei niedrigen Geschwindigkeiten ist wahnsinnig stark, flacht nach oben hin jedoch schneller ab als beispielsweise beim IONIQ 6. Dafür ist die Beschleunigungskurve am Anfang viel angenehmer als bei diesem. Der ID.7 ist nicht nur angenehm zu fahren, ich fühlte mich in ihm auch noch einmal um eine ganze Ecke sicherer. So ließ er sich auch in Kurven, in denen bei anderen Autos gerne einmal das Heck wegbrach, nicht so leicht aus der Ruhe bringen.
Die Lenkung ist für Autos der Porsche-Gruppe üblich sehr weich. Auf kurvigen Strecken war sie mir oft sogar zu weich, weshalb ich hier dann den Sportmodus aktivierte. Was mir besonders positiv in Erinnerung blieb, ist der Wendekreis von 10,9 Metern. Dank diesem kam ich öfter einmal in Parklücken, wo ich schon dachte, dass ich noch einmal zurückschieben muss.
Die Rekuperation ist so stark, dass man die Bremse selbst bei wenig vorausschauendem Fahren nur selten benötigt. Zum kompletten Stillstand kommt man aber nicht. Die Stärke der Rekuperation kann nicht angepasst werden.
Assistenzsysteme
Der ID.7 ist wie andere ID-Modelle mit zahlreichen Assistenzsystemen ausgestattet. Im folgenden mein Eindruck zu den wichtigsten:
- Anzeige der erlaubten Geschwindigkeit: Diese ist oft sehr akkurat und kann auch Zusatztafeln bis zu einem gewissen Ausmaß interpretieren. In Baustellen auf Autobahnen gibt es aber das Problem, dass der ID.7 nach einer Zeit die in der Baustelle erlaubte Geschwindigkeit verwirft.
- Parkassistent: Dieser hilft beim Einparken in freie Parklücken. Leider wollte das ganze System bei mir irgendwie nicht so richtig, denn einmal erkannte er eine ganze Reihe an freien Plätzen nicht und einmal parkte er bei eindeutig markierten Parkplätzen komplett schief ein. Schaut man aber einmal auf YouTube, sieht man, dass das eigentlich besser funktioniert. Der Parkassistent hat darüber hinaus eine Memory-Funktion, die gespeicherte Einparkmanöver alleine wiederholen kann.
- Tempomat mit Abstandsassistent und freihändiges Fahren: Funktionierte bei mir beides ziemlich solide. Lediglich im steirischen Ennstal griff der Abstandsassistent einige Male fälschlicherweise ein. Das freihändige Fahren auf der Autobahn funktionierte in meinem Test ohne Fehler. Auf Freilandstraßen und in der Stadt ist das aber wie bei anderen Autos eher unpraktisch.
- Spurhalteassistent und Spurwechselassistent: Der Spurhalteassistent korrigiert leicht, wenn man droht, aus der Spur zu fahren, was sogar bei schlecht erkennbaren Spuren bemerkenswert gut funktionierte. Der Spurwechselassistent sorgt dafür, dass die Lenkung dagegenhält, wenn man beim Wechseln der Spur droht, einen anderen Verkehrsteilnehmer zu tangieren. Auch das klappte immer wie erwartet.
- Sonstige: Ansage von Verkehrsmeldungen, automatischer Scheibenwischer
Reichweite und Laden
Die kombinierte WLTP-Reichweite vom VW ID.7 liegt bei 592 Kilometern, wobei die Batterie 77 Kilowattstunden fasst. Der Verbrauch ist mit 14,2 bis 19,2 Kilowattstunden pro 100 Kilometer angegeben. Bei den aktuellen Temperaturen kann man also mit einer Reichweite zwischen 420 und 500 Kilometern rechnen. Mit viel Autobahnfahren kam ich einmal zirka 300 Kilometer weit, wobei der Akku von 94 auf 29 Prozent fiel, der Verbrauch zwischen 16 und 18 Kilowattstunden pro 100 Kilometer pendelte und die Restreichweite bei 160 Kilometer lag. Einmal wollte ich es endgültig wissen und konnte mit dem Eco-Modus und dem Tempomat die 360 Kilometer lange Strecke von Fieberbrunn in Tirol bis Heiligenkreuz im Lafnitztal im Burgenland mit einem Akku-Verlust von gerade einmal 65 Prozent und einem Verbrauch von 13 Kilowattstunden pro 100 Kilometer zurücklegen. Die 500-Meter-Marke hätte ich mit diesem Fahrstil also locker geknackt. Fazit: Der ID.7 ist prinzipiell schon sehr sparsam und wenn man will, kann man damit auch richtig weite Strecken zurücklegen.
Aufladen kann man den ID.7 mit maximal 175 Kilowatt. An einer 300-Kilowatt-Säule bekam ich ihn in 45 Minuten von 21 auf 100 Prozent. Die Ladegeschwindigkeit zu Beginn lag dabei bei 180 Kilowatt und fiel bis zu einem Akkustand von 65 Prozent auf knapp 100 Kilowatt ab. Zum Schluss lud das Auto mit etwa 60 Kilowatt.
VW ID.7: Preise
Meine Testwagen-Ausstattung kostet 72.662 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Der Startpreis liegt bereits bei 59.990 Euro inklusive Mehrwertsteuer.
Wir bedanken uns bei Porsche Österreich für die Bereitstellung vom VW ID.7!
Und die Energiewende soll mit Autos für die ärmere Bevölkerung mit 60k € beginnen?