Smart #1 Premium im Test: Bester-Allrounder in 2023?
Mit dem Smart #1 Premium liefert die ehemalige Kleinwagenmarke einen überaus großen Wurf auf den Markt, nicht nur metaphorisch wohlgemerkt. Denn mit einem klassischen Smart ForTwo oder ForFour hat der Neue nichts mehr zu tun. Wir haben uns den #1 Premium eine Woche lang genauer angesehen.
Vor allem ist der Smart #1 ein Elektroauto aus der engen Kooperation von Smart (Mercedes-Benz) und dem chinesischen Automobilgiganten „Geely“. Mercedes (Daimler) hat nämlich im Jahr 2019 ein Joint Venture mit Geely an den Start gebracht. Dieses nennt sich „Smart Automobile“, nicht nur ist der #1 das erste komplett von Smart entwickelte, sondern auch designte Auto unter dem Geely x Mercedes Joint Venture.
Mit der hauseigenen SEA-Plattform hat Geely eine passende Plattform für allerhand neue Elektrofahrzeuge an der Hand. Denn mit dem #1 zusammen, folgen 2024 noch zwei weitere Kompakt-SUV / Kompaktwagen unter Geelys Mantel auf den deutschen Markt, nämlich der Volvo EX30 und der ZEEKR X.
Zu den genannten Modellen werden in Zukunft natürlich auch YouTube-Videos und Berichte auf TechnikNews folgen. Nun dreht es sich aber weiter um den Smart #1 Premium.
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tl;dr:
Den Smart #1 gibt es in fünf verschiedenen „Trims“. Wir haben den höchsten Trim mit Heckantrieb namens „Premium“ für euch getestet, dieser wartet mit durchaus sehr guten technischen Daten auf. Angetrieben wird er mit einem 200 kW / 272 PS starken Heckmotor, den Strom bezieht er aus einer im Unterboden verbauten 66 kWh großen NCM Hochvoltbatterie. Davon sind 62 kWh verfügbar zum Fahren. 330 nm an Drehmoment bietet der Heckantrieb, um durchaus zügig an der Ampel durchzustarten.
Geladen werden kann der Smart #1 Premium mit 22 kW AC dreiphasig und bis zu 150 kW CCS Schnellladen. Mit einer 22 kW AC Ladung ist er also in gut 3h 30 min wieder fahrbereit und mit den 150 kW an der Schnellladesäule in gut 27 min. Das sind durchaus sehr gute Werte für diese Fahrzeugklasse.
Die WLTP-Reichweite gibt Smart mit 440 km an, dies sieht im Alltag wie immer natürlich etwas anders aus. Gut 330 bis 350 km schafft man locker mit dem #1, diese kann man dann auch recht schnell nachladen. Wir hatten in unseren Ladevorgängen des öfteren mal Ladeleistungen von 155 kW, also sogar mehr als Smart selbst angibt.
Die Ladekurve sieht wie folgt aus, mit 20 % angesteckt schnellt der #1 direkt auf 130 kW hoch, dann steigert er sich bei gut gewärmten Akku auch noch auf die genannten 155 kW im Peak. Daher sind die 27 min von 20 bis 80 % durchaus realistisch. Auch beim Fahren punktet der #1 in vielen Punkten, das Fahrwerk unter anderem ist sehr gut abgestimmt und er liegt überaus gut in der Kurve. Eine manuelle als auch automatische Batterie Vorkonditionierung zum Schnellladen ist bereits integriert. Das gibt es beim ID.3 zum Beispiel nicht, da lädt man dann im Winter ohne warme Batterie deutlich länger.
Design: Mercedes EQ-Designsprache
Das Design des Smart #1 ist definitiv mit dem der EQ-Modelle von Mercedes verwandt. Das liegt daran, dass die Designer von Mercedes beim #1 und auch zukünftigen neuen Modellen an Bord sein werden. Uns hat das Design sehr gefallen, er wirkt modern und durchaus schick. Das sehr steile Heck wiederum ist nicht so unser Fall gewesen, der nächst größere Smart #3 wiederum zeigt sich auch im Heckbereich von seiner Schokoladenseite.
Äußerlich macht der #1 definitiv einiges her. Und ja, man wird förmlich von den Blicken aufgesaugt, die dieses Fahrzeug aktuell noch auf sich zieht. Ob aus Neugier oder Verwunderung, wieso ein „großes Auto“ mit dem Smart Schriftzug hier herumfährt. Das können wir nicht sagen, aber dennoch, wer einen Augenmagneten haben möchte, ist beim Smart #1 definitiv nicht an der falschen Adresse. Abgerundet wird das äußerliche Design durch die optionale Zweifarb-Metallic-Lackierung, bestehend aus schwarzem Dach und in unserem Fall einem hellen Limettengrünen Farbton (Nicht gerade die Farbe, die ich persönlich nehmen würde). Doch der Konfigurator bietet zum Glück einige Farbkombinationen an, damit das Grau auf Grau, auf den deutschen Straßen ausgedünnt wird.
Innenraum: Eigenwillig, aber vertraut
Der Innenraum vom Smart# 1 Premium, bietet wie der Name schon sagt, überaus viel Premium. Aber wie kann man das verstehen? Wie wäre es damit! Gute Materialauswahl, kein Klappern, kaum Klavierlack und zum Schluss ein flüssiges Infotainment mit drei Displays. Das alles und noch ein wenig mehr bietet der Smart #1 Premium auch bereits in den günstigeren Ausbaustufen Pro und Pro+. Serienmäßig sind z. B. das 12,8 Zoll (ca. 33 cm) große Infotainment Display und ein schmales, aber zumindest gut erkennbares Fahrerdisplay hinter dem Lenkrad. Optional gibt es dann auch noch das Head-up-Display, welches in die Scheibe projiziert wird und sehr gut ablesbar ist.
Ebenfalls in unserem Testwagen vorhanden ist eine kabellose Handyablage zum aufladen im obersten Fach des „Mitteltunnels“, dieser erstreckt sich als Armauflage durch die gesamte Mitte des vorderen Fahrgastraums. Zwei USB-Typ-C Anschlüsse vorne wie auch hinten runden das Konnektivitätspaket für Endgeräte ab. Die Displays bieten eine gute Auflösung, auch wenn wir gerne OLED Displays hier gesehen hätten. Die vorderen beiden Sitze sind im Premium vollelektrisch verstellbar und bieten sehr guten Halt und Komfort auch während längeren Strecken. Dazu gesellt sich dann vorne zumindest eine angenehme Sitzheizung, auf eine Sitzkühlung wurde leider verzichtet. Ebenso auf eine Lenkradheizung. Letzteres steht aber inzwischen im Konfigurator und wird dann wohl bei neueren Modellen verbaut sein.
Ab dem Premiumtrim Smart #1, gibt es übrigens auch ein Beats-Soundsystem mit 13 Lautsprechern + Subwoofer im Kofferraum (der euch etwas Platz wegnimmt). Im Fond des #1 ist auch genügend Platz, auch für die Beine ist genug Platz zu den vorderen Sitzen. Hier hat man wirklich einen exzellenten Sitzplatz für die hinteren Passagiere geschaffen. Dank der etwas höheren Bauform des #1 hat man auch genügend Kopffreiheit.
Infotainment: Android Automotive, aber mit starken Eigenheiten.
Es ist schon direkt ersichtlich, wenn man Geely kennt, dass man wie auch schon bei den Volvo bzw. Zeekr Modellen auch beim Smart #1 auf ein Android Automotive Infotainment System gesetzt hat. Im Gegensatz zu Volvo aber hat man bei Smart vieles noch mal on top selbst entwickelt und es sieht nicht auf den direkten Blick aus wie ein System von Google.
Wenn man dies eher mag, sollte man sich beim Volvo EX30 einfinden. Zu dem wir übrigens im Frühjahr 2024 auch einiges an Content geplant haben. Zurück zum Smart Infotainment, dieses wird nicht von Mercedes entwickelt, sondern eher aus einer Zusammenarbeit von Geely und Mercedes. Basis wie schon erwähnt ein Android System, dies wird ersichtlich, wenn man die Bedienung eines Android Smartphones gewöhnt ist.
Das System sieht erst sehr verspielt aus, lässt sich aber sehr gut bedienen und ist logisch aufgebaut. Funktionen lassen sich schnell aufrufen und es ruckelt fast gar nichts. Es gibt sogar schon eine eigene Spotify App, die im Style ganz dem Design des restlichen Infotainments gestaltet ist. Sehr schön! Die 360 Grad rundum Kamera hat eine gute Auflösung und bietet Komfortfunktionen wie etwa ein 3D Modell des Autos mit Blinker-Animationen und Totemwinkel- Warnungen. Wo ist denn nun der Google Play Store? Ja den gibt es bei Smart, aktuell zumindest, noch nicht. Dafür hat Smart ihren eigenen App-Store, wo es aber aktuell bis auf ein paar Spiele und die TuneIn Radio App nicht viel gibt.
Polyfox sorgt für gemischte Gefühle.
Auf dem Homescreen begrüßt euch im Smart #1 ein Polyfox, dieser ist der persönliche Avatar sowie Assistent des #1. In China zumindest liebt man sowas ja. Hier zulande ist es etwas schwierig. Aber störend ist er zumindest in unseren Augen nicht gewesen. Die Sprachassistenz hat uns gut verstanden und kann auch Fenster öffnen etc. Alles was ein moderner Sprachassistent im Auto also können sollte. Obwohl hier auch noch Ausbaubedarf besteht. Das System läuft schon wirklich sehr rund und wir freuen uns über mehr OTA-Updates, die im Laufe der Lebenszeit des #1 und auch anderen Modellen Einzug halten werden. Ja richtig gehört, sämtliche Funktionen oder auch Bugs können beim Smart #1 per Over-the-Air-Update simpel zu Hause upgedatet werden. Funfact am Rande, der Polyfox oder die Idee kommt nicht aus China, sondern von den deutschen Mercedes Entwicklern.
E-Routenplanung: Noch sehr ausbaufähig.
Die sogenannte E-Routenplanung im Smart #1, ist zumindest vorhanden. Aber wirklich gut funktionieren tut sie nicht, im normalen Navi ohne laufender Route kann man sich Ladesäulen anzeigen lassen und man hat alle wichtigen Informationen wie viele Plätze belegt / frei sind oder auch mit wie viel kW geladen werden kann. Oder ob die Säule defekt ist etc. Das ist auch wirklich gut gemacht. Aber wenn man automatisch Ladesäulen zur Route hinzufügen lässt, hört das gute auf einmal auf. Denn dann kann man die Ladesäulen, die auf der Route sind, nur noch ohne Informationen ansehen.
Dieser Fehler ist auch Smart selbst bereits bekannt. Im Gespräch mit dem Smart Deutschland CEO Wolfgang Ufer, habe ich erfahren, dass man Anfang des nächsten Jahres eine neue E-Routenplanung auf die Fahrzeuge ausrollen möchte. Wir sind gespannt wie diese dann funktioniert und ob sie auch gut ist. Wir werden euch natürlich auf dem Laufenden halten.
Weitere Infotainment-Details: Bildergalerie
Die technischen Daten des Smart #1 Infotainments wollen wir euch schließlich nicht vorenthalten. Im Smart #1 Infotainment werkelt nämlich ein Qualcomm Snapdragon 8155 Smart Cockpit Chip, dieser wird von 128 GB internen Speicher unterstützt. Das ist für ein Auto-Infotainment schon reichlich viel Speicherplatz. Wir hoffen natürlich das Smart auch bald Streamingdienste für die Ladeweile anbieten wird, die Plattform hat zumindest ausreichend Power um das alles zu unterstützen.
Hier könnt ihr unter anderem die Quick Controls, Ambientebeleuchtung und viele diverse Ladeoptionen einstellen. In der Bedinung her kann sich Smart mit dem #1 definitiv sehen lassen, wir fanden das System sehr reaktionsfreudig und hatten keine Probleme während unser ein-wöchigen Testfahrt. Nur die oben bereits genannten Punkte sollten definitiv noch angegangen werden.
Wo bleibt Android Auto & Apple CarPlay?
Berechtigte Frage, auf die es nun endlich eine Antwort gibt. Bisher gab es nämlich keine Spur der beiden Screen Mirroring Anbieter auf dem Smart #1. Aber ab dem OTA Update 1.3.0 wird man mit kabellosem Android Auto als auch mit kabellosem CarPlay versorgt. Beides natürlich auch per Kabel verwendbar. Wie gut und vor allem wie stabil dies funktioniert, werden wir in einem späterem Test des Top Modells „Smart #1 Brabus“ für euch ausprobieren.
Übrigens kann man per OTA in China zumindest „Sitzbelüftung“ und die Lenkradheizung freischalten. Ob diese in der Europäischen Modellen verbaut wird, ist noch nicht bekannt. Zumindest im Infotainment findet man Hinweise auf eine Sitzbelüftung.
Für wen ist der Smart #1 eigentlich?
Das kann man einfach zusammenfassen, für diejenigen die bereits einen VW ID.3 oder vergleichbare Modelle ins Auge gefasst hatten, aber mehr Kopffreiheit haben wollen und im Fond nochmal ein Extra an Platz nutzen wollen, dafür aber mit einem etwas kleinerem Kofferraum zurechtkommen. Denn der #1 fasst in der Premium Ausstattung lediglich 313 Liter, 976 Liter mit umgeklappter Rücksitzbank. Diese ist übrigens auch etwas verschiebar, damit man etwas mehr Kofferraum-Platz erhält ohne gleich die Sitze umklappen zu müssen. Ich fand den Kofferraum nicht wirklich „zu klein“, würde ihn als brauchbar abstempeln, für größere Besorgungen kann man dann schließlich die Sitze umklappen.
Reichweite & Verbrauch
Kommen wir zurück zu den Technischen Fakten. Verbrauchsmäßig kommt der #1 Premium bei uns auf 18-19 kWh / 100 km. Dies sind normale Werte im Vergleich zum ID.3 Pro Performance schneidet er nicht besser ab. Wartet aber mit etwas mehr nutzbarem Akku auf, zumindest wenn man sich für den 58 kWh Akku beim ID.3 entschieden hat. Daher sind realistische Reichweiten von 350km im Alltag durchaus machbar. Alles darüber könnte man vielleicht noch im Sommer erreichen. Dafür punktet der #1 mit einer der besten Schnellladekurven in seinem Segment, das heißt im Umkehrschluss geht es schneller weiter als mit dem ID.3 oder Konsorten.
Wer aber eine direkt funktionierende Android Auto und CarPlay Anbindung die auch stabil läuft haben möchte, dafür aber auf Innenraum Qualität und OTA Updates verzichten kann, der sollte sich den ID.3 doch nochmal genauer angucken. Oder besser gleich aufs nächste Facelift warten, wo dann die viel leistungstärkere 4.0 Hard und Software vorhanden sein wird.
Sonst macht man mit dem Smart #1 nichts falsch, er ist ein durchaus sehr guter Allrounder in vielen Bereichen, sogar bei der Anhängelast ist er VW überlegen. Er kann nämlich offiziell bis zu 1,6 Tonnen gebremst ziehen, das ist für diese Größe im PKW Segment durchaus nicht schlecht heutzutage. Und das Beste, durch die regelmäßigen OTA-Updates wird der Smart #1 nur noch besser. Aber ich habe hier darauf verzichtet den Morgen vor den Abend zu loben, daher haben wir den Smart #1 Premium so bewertet wie er aktuell da steht. Und das tut er wirklich überragend gut.
Fahrkomfort und Assistenzsysteme
Da dieser Bericht bereits den Rahmen sprengt, möchte ich mich hier etwas kürzer fassen. Der Fahrkomfort ist sehr gut, das Fahrwerk ist gut abgestimmt und er liegt sehr gut in der Kurve. Durch den serienmäßigen Heckantrieb mit 272 PS Leistung geht der größere Smart gut nach vorne. Die Assistenzsysteme umfassen alles, was man sich in einem modernen Auto wünscht. Von einem Abstandstempomaten bis zu einem Lenkassistent sowie autonomen Parkassistent ist alles an Bord. Die Kameras lösen mit einer guten und brauchbaren Auflösung auf, die Visualisierung beim automatischen Einparken ist gelungen und man hat mehr Vertrauen als z.B. bei den VAG Fahrzeugen.
Der ACC (Adaptive-Cruise-Control) wird über das Lenkrad mit „echten“ Knöpfen aktiviert, der Abstand wird dort auch eingestellt. Der #1 hat in allen Fällen immer passend abgebremst wie man es auch selbst getan hätte. Einzig der Lenkassistent benötigt noch etwas finetuning, dieser war nicht so „zuverlässig“ wie z.B. bei VWs Travel Assist. Auch das Matrix LED Lichtsystem welches ab dem Premium zur Serie gehört, hat zwar in allen Fällen perfekt abgeblendet und es gab auch keine einzige Lichthupe zurück, trotzdem sollte hier auch noch etwas an der „Flüssigkeit“ getan werden, denn teilweise erinnert das Matrix LED System an eine Strobolichtshow: So schnell und hakelig blendet er Schilder oder andere Verkehrsteilnehmer ein und aus. Das sieht nicht nur für den Fahrer, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer „komisch“ aus.
Das macht der ID.3 mit dem IQ.Light System deutlich runder und flüssiger. Das wirkt gleich hochwertiger und „sicherer“. Sonst gibt es aber nicht viel zu meckern, uns fehlt kein Assistenzsystem im #1. Übrigens gibt es auch digitale Autoschlüssel per Bluetooth, diese sind aktuell noch in der Beta, und dank fehlendem Appzugang konnten wir diese nicht testen. Es sollen aber bis zu 5 digitale Schlüssel möglich sein, die auch mit Familie und Freunden teilbar sind.