Volvo C40 Recharge im Test: Außergewöhnlich … normal?
Volvo hat mit dem C40 Recharge ihr erstes vollelektrisches Modell auf den Markt gebracht. Wie er uns in zwei Wochen Testzeitraum so gefallen hat, erfahrt Ihr hier.
Wer an Volvo denkt, der hat wahrscheinlich den Sicherheitsaspekt im Kopf. Dieser bleibt auch beim C40 Recharge vertreten. Ob die Schweden sich beim Rest des Autos ebenfalls große Mühe gemacht haben oder ob die chinesische Angehörigkeit des Konzerns auch Spuren hinterlassen hat? Alle diese Themen klären wir in diesem Testbericht, aber eines sei vorweg gesagt: Der Volvo C40 Recharge ist ein echt gutes Elektroauto. Wer lieber die SUV-Variante, den XC40 Recharge sehen möchte, liest am besten diesen Testbericht. Mein Kollege David konnte den XC40 ausgiebig in Österreich fahren.
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- 1 Design: Schwedisch durch und durch
- 2 Innenraum: Minimalistisch, aber stylisch
- 3 Infotainment: Android Automotive auf Hochtouren
- 4 Fahreindruck: 408 PS mit Allradantrieb machen (sehr viel) Spaß
- 5 Reichweite im Alltag: Mehr als ausreichend
- 6 Soundsystem made by Harman Kardon: Guter Klang mit ausreichend Bass
- 7 Mein Fazit: Schweden Stahl endlich Elektrisch
Design: Schwedisch durch und durch
Volvos Design ist einzigartig. Es zieht sich durch sämtliche moderne Volvo Fahrzeuge. Die längsten LED-Heckleuchten hat der C40 Recharge spendiert bekommen. Ebenfalls im Innenraum zieht sich dieses puristische und minimale Mindset des schwedischen Autobauers durch. Sei es das Licht, welches den Namen „Thors Hammer“ trägt oder die Ambientebeleuchtung, die eine topografische Landschaft in Schweden zeigt. Volvo hat ein gutes Auge für Details und Design (sieht man beispielsweise auch bei den schwedischen Flaggen an den Sitzen).
Innenraum: Minimalistisch, aber stylisch
Im Innenraum hat Volvo auf ihr altbewährtes Design gesetzt, aber dennoch ein paar Feinheiten verbessert bzw. verändert. Das Lenkrad fühlt sich sehr wertig an und besteht aus Kunstleder. Generell gibt Volvo an, dass es ein komplett tierfreier Innenraum im C40 ist. Dies ist besonders auf den Umwelt-Aspekt betrachtet sehr gut. Die Sitze ließen sich in unserer Testwagen-Konfiguration beide elektronisch verstellen. Das Cockpit Display bietet eine sehr hochauflösende Darstellung und verfügt über ganze zwei Ansichten, zwischen denen man wählen kann. Hier merkt man den minimalistischen Touch, den Volvo anstrebt. Die Mediensteuer-Elemente befinden sich direkt unterhalb des Zentral-Displays. Diese sind sehr einfach zu erreichen und zu bedienen.
Während viele Hersteller auf Touch-Buttons auf den Lenkrädern setzen, setzt Volvo beim C40, sowie beim XC40 weiterhin auf bewährte, „echte“ Knöpfe. Die Bedienung ist recht simpel. Links befinden sich die „Assistenzsysteme“, sowie der Adaptive Tempomat und auf der rechten Seite findet man die Medien- sowie Sprachsteuerungs-Tasten. Generell fühlt man sich im C40 Recharge sehr wohl und man kommt in wenigen Schritten zu den gewünschten Funktionen, ohne groß Nachdenken zu müssen. Hier hat Volvo ein sehr gutes Bedienkonzept des Innenraums entworfen.
Infotainment: Android Automotive auf Hochtouren
Im Regelfall würde man hier jetzt ein Infotainment System erwarten, welches „gut“ funktioniert, aber Verbesserungsbedarf nötig hätte. Zumindest, wenn Volvo nicht auf Android Automotive setzen würde. Aber im XC40 sowie C40 Recharge ist die neue Google Software eingebaut.
Kurzum, Google bietet alles, was das Herz begehrt. Egal, ob Spotify direkt ohne Handyanbindung nutzen zu können oder den Google Assistent zu fragen, was heute so ansteht. Oder noch besser, das Garagentor per Sprachbefehl öffnen.
Ohne große Wartezeiten oder Ruckler agiert das System sehr flüssig und schnell. Volvo hat eine 4G LTE e-SIM im C40 Recharge verbaut. Diese sorgt für die nötige Internetverbindung für Spotify, YouTube Music oder den Google Play Store und die Apps, die es dort gibt. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es leider keine Netflix oder YouTube Video App. Diese sollen wohl zu einem späteren Zeitpunkt im Play Store auf Android Automotive Systemen auftauchen. Wir sind gespannt, da damit gegen die Lade(lange)weile angegangen werden kann.
Die Klimasteuerung funktioniert ebenfalls über das Zentral Display. Genau wie die sonstigen Fahrzeug-Einstellungen laufen diese ohne Ruckler oder Performance-Probleme wunderbar im Alltag ab. Über die darunter liegende physische Home-Button-Taste kommt man jederzeit wieder zum Hauptbildschirm zurück. Googles Weg in die Autos, insbesondere in die E-Autos, wird ein erfolgreicher. Das kann ich nach zwei Wochen Android Automotive im Alltag mehr als nur bestätigen. Immer mehr Hersteller setzen, statt auf ein proprietäres System, auf Googles all-inclusive Lösung. Zuletzt kam der Renault Megane E-Tech Electric mit Android Automotive auf den Markt. Polestar hat den Anfang mit dem Polestar 2 gemacht. Volvo hat nun auch zwei Modelle mit Googles Betriebssystem ausgestattet – und in Zukunft will sogar BMW auf Googles Lösung eingehen. Wir sind mehr als nur gespannt, wo die Reise hingeht.
Fahreindruck: 408 PS mit Allradantrieb machen (sehr viel) Spaß
Dank dem Recharge TWIN Motor System im C40 Recharge verfügt diese in unserer Variante über ein 50:50 verteiltes Allradsystem. 204 PS auf der Hinterachse und 204 PS auf der Vorderachse. Diese spürt man, auch im steinigen und hügeligen Gelände lässt sich der C40 gut fahren, aber auch auf der freien Straße gelingt der Sprint vom Stand per „Launch-Control“ von 0 auf 100 km/h in nur 4,7 Sekunden. Für ein SUV-Coupe gar nicht mal so schlecht. Kurzum, er macht wirklich sehr viel Spaß beim Fahren. Die Federung ist sehr angenehm und man spürt nicht jedes kleine Schlagloch. Die Rekuperation gelingt dank „One-Pedal“ Modus bis zum Stand ohne große Probleme. Bei einigen Herstellern kann man nur bis zum „ausrollen“ rekuperieren und hat kein „echtes“ One-Pedal Feeling. Volvo aber hat diesen Modus sehr gut integriert.
Der Wählhebel ist sehr gut zum „Schalten“ in dem 1-Gang Automatik Getriebe, welches eigentlich bei jedem Elektroauto vorhanden ist. Obwohl es am Anfang etwas verwirrend war – nach vorne drücken ist rückwärts und nach hinten ist vorwärts. Aber nach einer kurzen Eingewöhnungszeit ist dies auch eher meckern auf hohem Niveau. Die elektronische Parkbremse befindet sich direkt daneben als simpler Knopf.
LED Matrix Licht: Eine geniale Erfindung
Volvo rüstet den C40 Recharge neben „Thor’s Hammer“ auch mit ihren Pixel LED Matrix Scheinwerfern aus. Diese erhellen nachts die Straße dank Fernlicht „Maskierung“ um die Fahrzeuge, die neben einem oder vor einem fahren (egal ob im Gegenverkehr oder mehrspurig). Dieses System sieht man bei vielen Herstellern und meiner Meinung nach ist es das Hauptfeature, welches man unbedingt in Betracht ziehen sollte, wenn man ein Auto kauft oder least, dass es die Matrix LED Scheinwerfer als Option anbietet.
Es ist ein wirklich entspannteres Fahren bei Dämmerung oder in der Nacht möglich. Der Straßenrand bleibt beleuchtet mit Fernlicht und niemand der Verkehrsteilnehmer wird dabei geblendet. Volvo schafft es, dieses System sehr gut zu integrieren. Wir haben bei der Nutzung bei Nachtfahrten zumindest keine Lichthupe zurückbekommen. Dies ist ein Zeichen, dass es gut zu funktionieren scheint. Dank einer netten Auf- und Abblend-Animation sieht man das Licht auch in Aktion.
Reichweite im Alltag: Mehr als ausreichend
Im Alltag kam ich mit dem Volvo C40 Recharge gut durch die Arbeitswoche und auch sonstige längere Fahrten hat er ohne große Probleme absolviert. Volvo gibt laut WLTP Standard eine Reichweite von 449 km an. Realistisch ist dies nicht wirklich. Leider entnimmt sich der Volvo C40 Recharge, als auch der XC40 Recharge rund 22 kWh/100 km an Durchschnittsverbrauch aus dem 69 kWh großen Akku. Dies geht bei anderen vergleichbaren Modellen deutlich sparsamer. Dennoch kamen wir im Langstreckentest mit Autobahn / Landstraßen Mix auf rund 360 bis 380 km, mit Klimaanlage eingeschaltet. Im alltäglichen Pendelverkehr erreichte der Volvo laut Bordcomputer maximal 430 km, wenn man ihn auf 100 Prozent aufgeladen hat. Ein guter Wert, der eigentlich für fast jeden im Alltag ausreichend sein sollte.
Im Bordcomputer lassen sich verschiedene Einstellungen bzgl. Ladeplanung machen. Auch das wichtige „Ladelimit“ kann man hier setzen, da die Batterie am längsten hält, wenn man beim Aufladen bis 80 Prozent lädt. Bei unserem Testwagen waren zumindest 80 Prozent als Default-Wert eingestellt. Gut möglich, dass Volvo dies auch serienmäßig einstellt.
Soundsystem made by Harman Kardon: Guter Klang mit ausreichend Bass
Serienmäßig ist beim C40 Recharge mit Allradantrieb ein Harman Kardon Soundsystem mit 13 Lautsprechern sowie 12 Kanälen verbaut, die angesteuert werden können. Das System bringt 600W zustande. Es klingt einfach genial. Ohne Verzerrungen bei hohen Lautstärken und auch wenn der Subwoofer auf 100 Prozent steht, klappert nichts im Fahrzeug. Als Gesamtpaket bietet dieses Klangerlebnis definitiv den gewohnten Harman Kardon Klang. Auch wenn wir in Zukunft hoffen, dass es eine Bowers und Wilkins Anlage in ein vollelektrisches Volvo-Modell schafft. Diese gehören laut Experten im High End Car Audio Segment mit zu den besten Soundsystemen.
Mein Fazit: Schweden Stahl endlich Elektrisch
Mit dem ersten vollelektrischen Volvo machen die Schweden einiges richtig. Beim Infotainment lässt man sich bei Google helfen, um Kompromisse zu vermeiden und beim restlichen Auto stützt man sich auf die jahrelangen Dinge, die Volvo groß gemacht haben. Das Platzangebot ist üppig, für einen SUV-Coupe definitiv gut bemessen.
Für die Zukunft wünsche ich mir vielleicht noch ein Head-up-Display, wie es viele Fahrzeuge der Konkurrenz aktuell anbieten. Darüber hinaus dann vielleicht noch ein größeres Infotainment System, da 9 Zoll (ca. 23 cm) im heutigen „Display goes first“-Angebot einiger anderer Hersteller leider etwas zu klein geraten sind. Antriebstechnisch sowie fahrgefühlsmäßig hat man sehr viel Spaß mit dem Volvo C40 Recharge. Daher spreche ich eine echte Empfehlung für den C40 Recharge aus. Wer einen SUV-Coupe mit einem guten Platzangebot und einem fast perfekten Bedienkonzept, sowie Allrad und 408PS sucht, der wird beim C40 Recharge definitiv seine Freude haben.
Der C40 Recharge ist ein normales Auto mit modernen Zügen, ohne großartigen technischen Neuheiten, aber dafür setzt man auf bewährte Technik, welche allerdings vieles richtig macht. Ich bin trotzdem gespannt, ob Geely bzw. Volvo in Zukunft eine eigene E-Plattform entwickelt, denn der einzig wirkliche Kritikpunkt in meinen Augen ist der hohe Verbrauch. Ansonsten hat Volvo ziemlich viel richtig gemacht. Wir sind gespannt auf die nächsten vollelektrischen Volvo-Modelle.
Danke an Volvo Deutschland, die uns für zwei Wochen einen C40 Recharge Twin zur Verfügung gestellt haben!